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Der Weg nach oben

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Und wieder ist es soweit: die Wiener Messe öffnet — zum 78. Male seit ihrem Bestehen — ihre Tore und lädt die Welt ein, sich von den Erfolgen der österreichischen Wirtschaft zu überzeugen. Wir alle können stolz auf diese Messeveranstaltung sein, denn sie ist ein lebendiger Beweis nicht nur für die Kapazität der heimischen Wirtschaft, sondern auch für den Aufbauwillen des gesamten Landes. Vergessen wir nicht, daß damals, nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945, diese heute so eindrucksvolle Schau mit nichts als einem Trümmerhaufen und 5000 Reichsmark Kapital begonnen hatte — dem damaligen Gegenwert von 10 kg Schmalz bzw. fünf Paar Lederschuhen!

Außer der kommerziellen Bedeutung als wirtschaftliche Visitenkarte Österreichs und Keimzelle vieler geschäftlicher Verbindungen kommt aber der Wiener Messe auch noch eine weitere, ideelle Aufgabe zu: Sie ist durch die Zehntausende Besucher aus fremden Ländern, die auf diese Weise Österreich und Wien kennenlernen, zu einem Moment der Völkerverbindung, einem Medium der Völkerverständigung geworden, dessen wir gerade in unseren politisch so unsicheren Zeiten dringend bedürfen.

Im Zeichen dieser Völkerverbindung steht auch jene Veranstaltung, welche am zweiten Messesonntag von den Konsumgenossenschaften ganz Österreich begangen werden wird: der Internationale Genossenschaftstag. Vielleicht wird es viele, welche den Genossenschaften fernstehen, überraschen, daß diese eine weltweite Organisation bilden, welche im Internationalen Genossenschaftsbund — dem IGB — ihren Ausdruck findet. Dieser Internationale Genossenschaftsbund, der 1895 in London gegründet worden ist und auch dort heute noch seinen Sitz hat, umfaßt gegenwärtig rund

Genossenschaften in 53 Staaten der Erde mit über 174 Millionen Mitgliedern. Die Konsumgenossenschaften sind im Internationalen Genossenschaftsbund mit über 80 Millionen Mitgliedern vertreten, davon entfallen auf die österreichischen Konsumgenossenschaften allein 420.000 Mitglieder. Der letztgemeldete Jahresumsatz der gesamten, im Internationalen Genossenschaftsbund zusammengeschlossenen Konsumgenossenschaften betrug 3 Milliarden 188 Millionen Dollar; er wird nur noch übertroffen von dem der landwirtschaftlichen Genossenschaften mit 5 Milliarden 284 Millionen Dollar. In österreichische Schillinge umgerechnet, ergeben diese Beträge 229 Milliarden 536 Millionen bzw. 380 Milliarden 448 Millionen Schilling.

Von Seiten, die mit der Materie nicht allzugründlich vertraut sind, wird den Genossenschaften gerne der Vorwurf der Kollektivisie- rung gemacht: Nichts ist jedoch falscher als dies. Denn im Gegensatz zu den marxistischen Ideologien des Ostens mit ihrer Ablehnung des Privateigentums zielt die unpolitische Genossenschaftsbewegung auf die Unterstützung der Bildung von Privateigentum hin. Gehört es doch zu den Grundsätzen, auf denen die Konsumgenossenschaften basieren, daß dem Mitglied durch die konsumentenfreundliche Preisgestaltung und durch die Möglichkeit zu günstigem Einkauf jenes vernünftige Wirtschaften erleichtert wird, das ja letzten Endes der Verbesserung des Lebensstandards und der Ansammlung von persönlichen Spargeldern dient.

Der Internationale Genossenschaftsbund bil-det ater auch das einigende Band zwischen dea Genossenschaften aller Nationen, die in ihm zusammengeschlossen sind, ln echter Demokratie und richtig verstandener Menschlichkeit befaßt sich der Internationale Genossenschaftsbund auch bereits seit Jahren mit der wirtschaftlichen und ideellen Aufbauhilfe für die Entwicklungsländer Asiens und Afrikas sowie südamerikanischer Staaten und wirtschaftlich zurückgebliebene Gebiete in Europa. Im Augenblick läuft unter anderem eine großangelegte Aktion für den jungen afrikanischen Staat Dahomey, an der sich auch die österreichischen Konsumgenossenschaften intensiv beteiligen.

Das Motto „Einer für alle, alle für einen" ist daher im Kreise der Genossenschaften kein leeres Wort, sondern lebendige Verpflichtung, deren Erfüllung gerade in der so stark materiell betonten Gegenwart eine Stufe zum echten Fortschritt der Menschheit bildet.

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