Beim Prager "Festival Opera“ geben sich sämtliche wichtigen Ensembles des Landes ein Stelldichein. Das Ganze hat auch eine kulturpolitische Dimension.
Das "Festival Opera“ ist gleich alt wie die Tschechische Republik, die am 1. Jänner 1993 das Licht der Welt erblickte, und es hat mit den Geburtswehen des Staates viel gemeinsam. Zur Zeit des Kommunismus waren alle Opernhäuser vom Staat geführt worden, dann wurden sie mit Ausnahme des Nationaltheaters den Städten zugeteilt, die damit überfordert waren; die Zwischeninstanz der Kreise, der Pendants der österreichischen Bundesländer, musste erst geschaffen werden.
"Es war ein bisschen eine Rettungsaktion, denn es war unklar, was mit den regionalen Opernhäusern geschehen würde“, sagt Lenka ˇ Saldová, seit 2001 Direktorin des Festivals, und verweist auf die Unterschriftenaktion "Helfen Sie Ihrem Theater“, die vor allem die Kreise (kraje) in die Pflicht nehmen möchte. In der Hauptstadt ist der befürchtete Paukenschlag bereits erfolgt: Das Kulturministerium hat die Zusammenlegung der beiden Opernensembles erzwungen, der Dualismus zwischen dem seit jeher mehrspartigen Nationaltheater und der Staatsoper (dem einstigen Deutschen Theater) ist Geschichte.
Der Blick auf die Staatsoper
Daher sei die ursprüngliche Zielsetzung des Festivals, die Opernhäuser stärker im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern und vor dem drohenden Kulturverlust zu warnen, weiterhin aktuell, konstatiert ˇSaldová, die hauptberuflich die Marionetten- und Handschriftensammlung der Theaterabteilung im Nationalmuseum leitet. Dies sei "angesichts der Beziehung der Medien zur Kultur nicht einfach“, weiß sie zu berichten, sind in tschechischen Tageszeitungen doch nicht einmal tägliche Theaterprogramme selbstverständlich. "Die Wiener Staatsoper hat jedenfalls ein weitaus größeres Renommee als das Prager Nationaltheater“, stellt die Festivaldirektorin fest und moniert, dass Letzteres sich wenig bemühe, "sich als bedeutendes europäisches Opernhaus zu profilieren, und Koproduktionen lieber mit kleineren deutschen Häusern sucht“.
Dafür ist das Národní divadlo mit den anderen acht professionellen Opernensembles des Landes solidarisch und stellt ihnen alle zwei Jahre für das "Festival Opera“ seine Spielstätten zur Verfügung: das Haupthaus an der Moldau, die auch von der "Laterna magica“ bespielte "Nová scéna“, die von Fellner und Helmer entworfene Staatsoper, das kammerspielartige "Divadlo Kolowrat“, vor allem aber das Ständetheater, das durch die Uraufführung des "Don Giovanni“ unter Mozarts Stabführung in die Operngeschichte eingegangen ist.
Den Ehrenschutz hat First Lady Livia Klausová übernommen, und im Ehrenausschuss des Festivals sitzt unter anderem der Bregenzer Festspielintendant David Pountney.
Suche nach alternativen Wegen
Ein besonderes Anliegen ist Lenka ˇSaldová die Teilnahme von jungen Ensembles, die nicht nur konzeptuell und interpretatorisch alternative Wege gehen, sondern auch Uraufführungen tschechischer Komponisten wagen. Denn selbst zum "Festival Opera“ schicken die Intendanten, die die Werke selbst auswählen, lieber "Nabucco“, "Rigoletto“ und "Lucia di Lammermoor“ als ein weniger bekanntes Werk von Dvoˇ rák, Smetana oder gar von Janáˇcek, "wodurch das ohnehin konservative tschechische Operntheater noch konservativer wird“, wie die Festspieldirektorin bedauernd anmerkt.
Immerhin entsendet Ostrau Catalanis "La Wally“ (mit der Starbesetzung Eva Urbanová und Gianluca Zampieri), Troppau Bizets "Perlenfischer“ und Reichenberg den "Freischütz“. Den Vogel schießt freilich das Nationaltheater mit der Uraufführung des "Kriegs mit den Molchen“ von Vladimír Franz ab - der ganzkörpertätowierte Komponist kandidiert tags darauf, am 11. und 12. Jänner, bei der ersten Direktwahl zum Präsidenten der Republik …
Festival Opera 2013 in Prag
bis 3. Februar, www.festival-opera.cz