Gala mit Hindernissen

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Am Wochenende wird das neue Slowakische Nationaltheater eröffnet.

Auch eine unendliche Geschichte kommt einmal zu einem Abschluss: Am kommenden Samstag soll das neue Gebäude des Slowakischen Nationaltheaters in Bratislava nach genau 21-jähriger Bauzeit seiner Bestimmung übergeben werden. Dazwischen lagen ein Regimewechsel, Versuche, nebst der Wirtschaft auch gleich die Kultur zu privatisieren, sowie das Auftreten dubioser Baufirmen und Investoren - der Wiener denkt unwillkürlich an sein Allgemeines Krankenhaus.

Auch der Weg zur Eröffnung war mit Stolpersteinen gepflastert. Hatte man vom ursprünglich anvisierten Boris Godunow Abstand genommen, der den nach Pressburg pilgernden Wiener Opernfreunden mit einem Schlag die Angst vor dem neuen Haus genommen hätte, so erwies sich auch die gewiss sinnvolle Transponierung der slowakischen Nationaloper Krútnava auf die neue Bühne als zunächst nicht realisierbar - der bereits Anfang der Neunzigerjahre gebauten Drehbühne wurde im heurigen Jänner wegen technischer Mängel die Kollaudierung versagt.

Und noch der danach angepeilte Galaabend schien gefährdet, da Startenor Miroslav Dvorský für den 14. April an der Mailänder Scala vertraglich gebunden ist. Jetzt singen immerhin sein Bruder Peter Dvorský, Gabriela Benacková, Eva Urbanová und Sergej Kopcák, um die auch jenseits der March geläufigen Namen zu nennen.

Der zweite Eröffnungstag gilt der Übernahme eines Theaterstücks aus dem alten Schauspielhaus in der Innenstadt, das jetzt ebenso aufgegeben wurde wie die so genannte "Kleine Szene" (Malá scéna). Denn das von den Architekten Martin Kusý, Pavol Panlák und Peter Bauer entworfene neue Haus am Pribina-Ufer vereint unter seinem Dach drei Spielstätten: den Saal für Oper und Ballett mit 900, das Schauspielhaus mit 640 und ein Studio mit 170 Plätzen. Die Titel der ersten Theaterpremiere, die vorsichtshalber erst für den 21. April angesetzt ist, Viliam Klimáceks Auftragswerk Wer hat Angst vor den Beatles?, und der ersten Ballettnovität, Warhol, deuten an, dass man um die Gewinnung eines neuen, jungen Publikums bemüht ist.

Neues und altes Haus

Das von den Wienern so geschätzte bisherige Opernhaus, ein Bau der k. u. k. Theaterarchitekten Fellner und Helmer aus dem Jahr 1886, wird weiter betrieben, steht aber nunmehr auch dem Schauspiel zur Verfügung. Als nächste Oper hat hier Ariadne auf Naxos unter der Stabführung von Walter Kobéra, dem Leiter der "Neuen Oper Wien", Premiere, eine Koproduktion mit dem Nationaltheater in Prag und der Oper in Dublin.

Eine irische Komponente hat auch das Umfeld des neuen Hauses: Derzeit noch, vom Solitär des Innenministeriums abgesehen, in einem Gelände situiert, das eher an ein Industriegebiet erinnert, soll hier von der irischen Investmentgesellschaft Ballymore in eineinhalb Jahren ein Stadtviertel namens Eurovea aus dem Boden gestampft werden. Dann wird es vielleicht gemütlicher werden, nach der Vorstellung stromaufwärts in die nahe Innenstadt zu gehen.

Doch es ist müßig, über den Bauplatz die Nase zu rümpfen - er ist Ausdruck der urbanistischen Explosion einer Stadt, die sich nicht wie die meisten anderen Städte Mitteleuropas kontinuierlich in Ringen entwickelt hat. Und das gläserne Haus am Donauufer Symbol einer Nation, die um ihre kulturelle Selbständigkeit erst kämpfen musste, war Theater in Pressburg doch bis ins 20. Jahrhundert eine Angelegenheit von Deutschen, Ungarn und Tschechen.

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