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Oper, Operette und Musical: 53 neue Produktionen in Österreich in der Spielzeit 2003/04.

Zum Auftakt der Theatersaison bringt Die Furche jedes Jahr einen kritischen Überblick über die Spielpläne und einen kommentierten Blick auf die österreichische Theaterszene. Diesmal im Mittelpunkt: das Musiktheater. Weiters in diesem Dossier: ein Gespräch mit dem neuen Volksopern-Direktor Rudolf Berger, ein Porträt des Linzer Landestheaters zum 200-jährigen Bestehen, eine Kritik der Henze-Oper "L'Upupa" und eine Vorschau auf den steirischen herbst. Redaktionelle Gestaltung: Cornelius Hell

Der Festspielsommer geht zu Ende, die Eröffnung der neuen Saison wirft ihre Schatten voraus: Konzentriert man sich vor allem auf die Hauptspielstätten der zehn ständig spielenden Musiktheater-Bühnen Österreichs, können sich Opern-, Operetten und Musicalfreunde auf abwechslungsreiche 53 neue Musiktheaterproduktionen in der kommenden Spielzeit freuen. Und um gleich das Erfreulichste vorwegzunehmen: Es scheint, als hätten sich die Bühnen in der Auswahl der Stücke untereinander abgesprochen; nur drei Werke werden von mehr als einem Haus neu produziert: Mozarts Zauberflöte in Graz und in Linz, Wagners Parsifal an der Wiener Staatsoper und in Graz sowie Porters Kiss me, Kate in St. Pölten und in Baden.

Dezentrale Musikkultur

Während die drei Wiener Bühnen jeweils nur mit vier Neuproduktionen aufwarten, bieten die Spielpläne des Opernhauses Graz und des Tiroler Landestheaters genau die doppelte Premierenzahl. Graz befindet sich dabei in einer Phase des Übergangs: Die bevorstehende Saison wurde noch von Intendantin Karen Stone geplant, nach der vorzeitigen Auflösung ihres Vertrages wird aber die Spielzeit 2003/04 nicht mehr von ihr, sondern von Technikchef Jörg Koßdorff interimistisch betreut. Der gefeierte Grazer Chefdirigent Philippe Jordan wird Wagners Parsifal, Mozarts Zauberflöte (regielich betreut von Daniel Slater, der gerade für seine Realisation von JanáÇceks Schlauem Füchslein bei den Bregenzer Festspielen gefeiert wurde) und Verdis Otello dirigieren. Die italienische Oper wird in Graz des weiteren mit Puccinis selten komplett aufgeführtem Trittico vertreten sein, die leichte Muse mit Sondheims Sweeny Todd (Inszenierung: Josef E. Köpplinger) und Offenbachs La Périchole (Regie: Helmuth Lohner) und eine "englische" Oper mit Strawinskys The Rake's Progress als Grazer Erstaufführung. In Innsbruck setzt man dagegen auf Kontinuität: der Vertrag von Brigitte Fassbaender wurde verlängert, ihre Tätigkeit damit bestätigt. Wie in der Vergangenheit wird sie auch im kommenden Jahr nicht nur als Intendantin die Geschicke des Landestheaters leiten, sondern auch selbst inszenieren: Beethovens Fidelio, Der Zigeunerbaron von Johann Strauß und die halbszenische Aufführung von Béatrice et Bénedict, einer selten gespielte Oper von Hector Berlioz, die in Innsbruck allerdings nicht zum 200. Geburtstag des Komponisten im Dezember 2003, sondern erst als verspäteter Nachtrag zum sonst von keiner österreichischen Bühne aufgegriffenen Berlioz-Jubiläum im Februar nachgereicht wird. Verdis Trovatore, Mozarts Entführung aus dem Serail und Donizettis L'elisir d'amore aus dem Standardopernrepertoire sowie Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk und Henry Mancinis Victor/Victoria werden als weitere Neuproduktionen in Innsbruck über die Bühne gehen.

Italienisches in Klagenfurt

Ein Musical, Fame von Steven Margoshes, gehört auch zum Premierenangebot des Klagenfurter Stadttheaters, wo man vor allem der nächsten Musiktheaterproduktion des Intendanten Dietmar Pflegerl mit Spannung entgegensieht: Er wird sich in dieser Saison Bellinis Norma annehmen. Ausschließlich der italienischen Oper ist auch der weitere Spielplan in Klagenfurt mit Puccinis Turandot (in der Regie von Leonard Prinsloo, der auch in Linz Carmen inszenieren wird), Rossinis L'Italiana in Algeri und Cavallis Giasone gewidmet.

Baustelle Salzburg

Renovierung steht als erstes auf dem Spielplan des Salzburger Landestheater, auf Musiktheater muss man aber auch während der Umbauzeit nicht verzichten. Im Salzburger Stadtkino wird man Julie & Jean, die gerade vom Wiener Klangbogen realisierte Produktion von Gerhard Schedls Musiktheater herausbringen, im Großen Festspielhaus Puccinis La Bohème. Ab Jänner 2004 soll das Landestheater wieder bespielbar sein: Die Strauß-Operette Wiener Blut und Mozarts Le Nozze di Figaro, beide in der Inszenierung des scheidenden Salzburger Hausherrn Lutz Hochstraate, werden dort als Neuproduktionen herausgebracht.

Sein 200-jähriges Bestehen feiert das Landestheater Linz; als erste Premiere der Jubiläumsspielzeit ist Mozarts Zauberflöte geplant, von Olivier Tambosi zweifellos nicht als harmloses Märchenspiel inszeniert. Für Diskussionen dürfte in Linz auch die Neuproduktion von Verdis Don Carlos sorgen, wird sie doch von Stefan Hernheim auf die Bühne gebracht - dem gerade in Salzburg für seine Deutung der Entführung aus dem Serail heftig kritisierten Jungregisseur aus Norwegen. Ferner bietet das Jubiläumsprogramm mit Dvoráks Rusalka und Bizets Carmen Highlights der Opernliteratur, mit Strawinskys Geschichte vom Soldaten Rares, mit Gershwins Crazy for you Musicalvergnügen und mit Giorgio Battistellis Orchesterprobe (nach Fellinis Film Prova d'orchestra) eine österreichische Erstaufführung.

Musical und Operette

Ebenfalls ein Jubiläum begeht die Wiener Kammeroper - mit einem ausgefallenen Programm: zur Feier des 50-jährigen Bestehens gibt es dort einen vom neuen Bregenzer Festspielchef David Pountney inszenierten Einakterabend mit den österreichischen Erstaufführungen von Peter Maxwell Davies Mr. Emmet takes a walk und Isodora Zebeljan Zora D. sowie Sondheims Musical Company, einen Monteverdi-Abend als Teil eines Barockfestivals und Haydns Opera buffa L'infedelta delusa. Ausschließlich Highlight-Programme bieten dagegen die Theater von St. Pölten und Baden, die sich beide ganz der leichten Muse verschrieben haben: Eyslers Goldne Meisterin, Lehárs Graf von Luxemburg, Porters Kiss me, Kate und Kálmáns Gräfin Mariza sind in der Operettenmetropole geplant, und ähnlich unriskant Bewährtes bietet auch St. Pölten mit dem gleichen Porter-Musical, Zellers Vogelhändler, der Fledermaus von Strauß und dem Kleinen Horrorladen.

Die Wiener Volksoper

In einer Übergangsspielzeit befindet sich Wiens zweites Opernhaus: Mit äußerst knapper Vorlaufzeit hat dort Rudolf Berger die Direktion übernommen. Seine vier Premieren gelten mit Martha von Flotow der deutschen Spieloper, mit Suppés Boccaccio und der Nacht in Venedig von Strauß der Wiener Operette und mit Puccinis Madama Butterfly einem zentralen Werk der Opernliteratur, das allerdings an der Volksoper nicht in der bekannten Version, sondern in der Urfassung und in einer Inszenierung des Salzburg-Aufregers Stefan Hernheim gezeigt wird. "Letzte Werke" stehen in der Wiener Staatsoper mit Verdis Falstaff in einer Marco Arturo Marelli-Produktion und Wagners Parsifal in der Deutung von Christine Mielitz auf dem Premierenplan. Unoriginellerweise gibt es mit dem Fliegenden Holländer noch einen zweiten Wagner und eine weitere Mielitz-Regie; einen pausenlosen Abend wie beim Holländer verspricht aber auch die Produktion von Richard Strauss Daphne, die nach mehr als 30 Jahren in das StaatsopernRepertoire zurückkehrt.

Neben den "großen" Produktionen bietet fast jede Musiktheaterbühne Österreichs zusätzlich Kinder-, Kammer- und experimentelle Produktionen; dazu erhöhen die "Freien Gruppen" die Zahl der Musiktheaterproduktionen noch um ein Wesentliches - die kommende Saison verspricht also ein reiches Angebot fast ohne Dubletten, ein breites Repertoire ohne größere Experimente und einige Werke des vielgespielten Standardrepertoires in zweifellos ungewöhnlichen Deutungen.

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