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Nach den Teufeln - Moses

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In Wien hat man sich während der vergangenen Wochen, vor allem kritischerseits, so heftig mit der „Aida“-Premiere beschäftigt, daß die Wogen'der Erregung bis ins Parlament hinüberschwappten, und das bald danach folgende Gastspiel der Württembergischen Staatstheater blieb nicht gerade unbemerkt, erfolgte aber gewissermaßen im Windschatten des „Aida“-Sturmes. Und doch hätte man sich auch bei diesem Gastspiel fragen müssen, ob die Operndirektion richtig, in voller Kenntnis der Materie gehandelt hat, als sie nach so langer Zeit der Enthaltsamkeit von jeder Art modernen Musiktheaters dem Wiener Publikum gerade dieses Werk an drei Abenden vorsetzte.

Die Inszenierung war, wir sagten es an dieser Stelle, exemplarisch und ließ wirklich keinen Wunsch offen. Aber diese „Teufel von Loudun“ sind bestimmt nicht

dazu geeignet, einem wenig informierten Publikum die Lust auf „mehr neue Oper“ einzuflößen. Auf den Großteil der Besucher wirkte das auf der Bühne so realistisch Vorgeführte abstoßend, und die Musik Pendereckis war für die meisten nicht mehr als die Geräuschkulisse zu diesen Unerfreulichkeiten.

Nun steht uns als nächste Novität die Antioper „Moses und Aron“ bevor, die gleich zu Beginn der Wiener Festwochen ge.-zeigt werden soll. Über Qualität und Rang der Musik, die Schönberg 1930 bis 1932 komponierte, soll hier nicht gesprochen werden, sondern nur darüber, daß dieses Werk fast ebenso gut konzertant aufgeführt werden kann, da es — mit Ausnahme einer 15-Minuten-Szene, dem „Tanz um das goldene Kalb“, jeder äußeren dramatischen Handlung entbehrt. Und es ist weiter zu sagen, daß wir mit

„Moses und Aron“ wieder einmal gewaltig nachhinken.

Die szenische Uraufführung fand 1957 unter Rosbaud in Zürich statt, zwei Jahre später folgte Berlin mit Hermann Scherchen

am Pult. Ausstattung: Michael Raffaelli. (Diese Produktion sahen wir als Gastspiel der Berliner vor Jahren auch in Wien.) Danach

wurde „Moses und Aron“ in folgenden Städten gespielt: Düsseldorf, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, London, Buenos Aires und Boston, (In der Saison 1973/74 will es Rolf Liebermann den Parisern zeigen.) Nach all den genannten Städten kommt Wien, und man kann nur hoffen, daß angesichts der enormen musikalischen Schwierigkeiten, vor allem des Chores, alles gut geht. — Aber daß „Moses und Aron“ der neuen Oper neue Freunde gewinnt — wie gern möchte man es hoffen, und wie wenig kann man's glauben.

Da gäbe es Besseres und Wirkungsvolleres zu präsentieren — wenn Oper Oper bleiben soll und man sich künftig nicht mit szenischen Oratorien begnügt. Das weitaus bedeutendste Bühnenwerk der letzten zehn Jahre sind „Die Soldaten“ des 1918 geborenen, zu früh verstorbenen Bernd-Alois Zimmermann nach dem berühmten Theaterstück des deutschen Stürmers und Drängers Jakob Michael Reinhold Lenz.

(Die Uraufführung erfolgte 1965 in Köln). Das ist eine moderne Oper im besten Sinn, zugleich auch ein überzeugendes Beispiel für das zeitgenössische Musiktheater.

Will man leichtere Kost, aber von nicht geringerer Qualität, so bietet sich Hans Werner Hernes komische Oper „Der junge Lord“ an, deren Libretto, nach Hauff, übrigens von der Österreicherin Ingeborg Bachmann stammt. Textbuch und Mtisik sind bühnengerecht und effektvoll, das Publikum amüsiert sich bestens, wir konnten es vor zwei Jahren bei der 30. Aufführung des Werkes in der „Deutschen Oper Berlin“ feststellen, wo das Stück immer noch auf dem Spielplan steht.

„Doch ende nicht mit Fluch der Sang“: Die Volksoper kündigt eine neue Buffa des Wieners Marcel Rubin an. Hoffen wir, daß die Musik ebenso lustig und erfreulich wird, wie Gottfried Kellers Novelle „Kleider machen Leute“, auf der das Libretto basiert...

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