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Oper und Theater in Klagenfurt

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Auf gutem Weg befindet sich wieder das Klagenfurter Stadttheater, das aus verschiedener Ursache von ihm abgekommen schien: der Umbau und damit der Mangel an Probelokalitäten, der improvisierte Betrieb im Konzerthaus, die ungeklärte Frage der Engagementdauer und der nichteingehaltene Termin der Fertigstellung, wodurch eine Verschiebung der Wiedereröffnung bis Weihnachten gegeben war. Dazu kam, daß man durch unzulängliche Subventionen seitens des Bundes zu Mindestgagen einerseits und anderseits indirekt zum Geschäftstheater genötigt ist und nach gängiger Ware — „Der verkaufte (und ausverkaufte) Großvater“ — griff, womit man jenen in die Hände spielte, die zwar nach dem modernen Drama rufen, dieses aber meiden, wenn der Wunsch erfüllt wird (Beispiel: Genets „Die Zofen“).

Nun scheint die Wende eingetreten, und schon die Wiedereröffnung mit Verdis „Don Carlos“ — den Glanz hatten Ermano Lorenzi (Carlos) und noch mehr Kostas Paskalis (Posa) beigesteuert — war verheißungsvoll. Zwar kam die Silvesterenttäuschung mit dem Schwank „Frauen haben das gerne“, doch versöhnte ein wenig „Die Wildente“, mit der man den Ibsen-Wunsch der Schulen erfüllte, und das geglückte Wagnis, dem Strauss-Jahr mit „Arabella“ Rechnung zu tragen, wies weiter nach oben; unter Günter Lehmann und mit Barbara von Leichsenring (Arabella) und Rolf Polke als Gast (Mandryka) war der künstlerische Erfolg gegeben, während dem finanziellen Eisrevue und Olympische Winterspiele im Fernsehen vorerst entgegenstanden, wie überhaupt Eishockey in Klagenfurt den Musen feind ist. Mit einer großangelegten und groß gebotenen Inszene von Brechts Schauspiel „Der kau-basische Kfeidekreis“ unter der Gastregie Dr. Manfred Krügers, Braunschweig, und dem eindrucksvollen Bühnenbild Architekt K. E. Spurnys hat man das Publikum gewonnen. Was ein gut geführtes und mit Gästen wie Erika Helmert, Kassel (Grusche) und Georg Bucher (Azdak) verstärktes Ensemble zu leisten vermag, hat sich erwiesen; nach Linz und vor Wien war ein Beweis des Könnens geliefert. Ein überaus gelungenes Gastspiel in künstlerischer Hinsicht bot das Theater für Vorarlberg, das vor beschämend geringer Zuschauerzahl Ustinovs „Endspurt“ präsentierte. Raimunds „Barometermacher auf der Zauberinsel“, Zuckmayers „Katharina Knie“, lonescos „Ein König stirbt“ stehen uns unter anderem noch bevor. Die Oper hat mit Wagners „Siegfried“ und Puccinis „Mädchen aus dem goldenen Westen“ zwei Trümpfe parat, während die Operette unter anderem Theo Haslingers 70. Geburtstag mit seiner „Wienerwaldfee“ feiern wird und das Ballett Strawinskys „Feuervogel“ vorbereitet.

Ein Blick auf den Spielplan der kommenden Saison aber läßt uns Ehrgeiz und Wunsch erkennen, um des Niveaus willen einiges zu riskieren. So finden wir neben bewährten Opern — „Zauberflöte“, „Othello“, „Freischütz“, „Turandot“ — auch die Ambition, den „Rosenkavalier“ und als „Ring“-Abschluß die „Götterdämmerung“ zu spielen, und das Publikum mit Bartoks „Herzog Blaubart“ bekanntzumachen.

Wesentlich aber ist, was das Schauspiel in Aussicht stellt: „König Lear“, Claudels „Verkündigung“, Roberts und Duviviers „Marie Octobre“, Shaws „Pygmalion“, Morris' „Die hölzerne Schüssel“ und „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee Williams finden wir neben dem „Verschwender“ und Borcherts „Draußen vor der Tür“. Dies alles im „Großen Haus“; den Kammerspielen aber sind heitere Spiele wie Far-kas' „Hofloge“, doch auch Problemstücke wie „Die Zeit der Schuldlosen“ von Lenz und „Asche im Wind“ von Heim vorbehalten. Km Spielplan, der sich sehen lassen kann. Aber findet er auch das Publi. kum, das ihn sehen will? Das ist leider in dem seltsamen Klagenfurt die Frage, die kein Intendant eindeutig beantworten kann.

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