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Neun Punkte—vier Stützpunkte

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Spaniens flinker Außenminister, Gregorio Lopez Bravo, hat wieder einmal für eine Überraschung gesorgt: Früher als vorausgesehen flog er über Paris nach Washington und unterzeichnete den fünfjährigen „Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit“, durch den das seit 1953 bestehende spanischamerikanische Stützpunktverhältnis neu geregelt wurde. Seine Eile ist durch den gegen den Vertrag gerichteten Vorstoß des Vorsitzenden des amerikanischen außenpolitischen Senatsausschusses, Fulbright, zu erklären, der den Vertragstext als zuungunsten der USA ausdehnbar betrachtete. Außerdem bestanden Anzeichen dafür, daß die amerikanische Regierung im letzten Augenblick noch Änderungen durchführen wollte.

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Spaniens flinker Außenminister, Gregorio Lopez Bravo, hat wieder einmal für eine Überraschung gesorgt: Früher als vorausgesehen flog er über Paris nach Washington und unterzeichnete den fünfjährigen „Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit“, durch den das seit 1953 bestehende spanischamerikanische Stützpunktverhältnis neu geregelt wurde. Seine Eile ist durch den gegen den Vertrag gerichteten Vorstoß des Vorsitzenden des amerikanischen außenpolitischen Senatsausschusses, Fulbright, zu erklären, der den Vertragstext als zuungunsten der USA ausdehnbar betrachtete. Außerdem bestanden Anzeichen dafür, daß die amerikanische Regierung im letzten Augenblick noch Änderungen durchführen wollte.

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Das bald zwei Jahre andauernde Feilschen um die Stützpunkte Rota, Morön, Torrejon und Saragossa hat damit ein Ende gefunden. Das hervorstechendste Merkmal des neun Kapitel umfassenden Vertrags ist die Ubergabe der bisherigen spanisch-amerikanischen Stützpunkte „gemeinsamer Benutzung“ — obzwar dies nur Theorie blieb und die Amerikaner die eigentlichen Herren der Basen waren — in spanische Oberhoheit. Spanien rückt damit vom Vermieter zum Eigentümer auf, die Zivilangestellten der Stützpunkte werden der spanischen Arbeitsgesetzgebung unterworfen, und straffällige amerikanische Soldaten werden sich vor spanischen Gerichten zu verantworten haben. In der Praxis bleibt aber, im Grunde genommen, vieles beim alten: Die amerikanischen Truppen verbleiben auf den nunmehr spanischen Stützpunkten. Der Aufstieg Spaniens zu einem gleichwertigen Partner hat also mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit stattgefunden.

Die neue spanisch-amerikanische Zusammenarbeit erstreckt sich weiterhin auf kulturelles, technisches, wissenschaftliches, landwirtschaftliches und wirtschaftliches Gebiet. An klingender Münze springt dabei freilich wenig heraus: drei Millionen Dollar pro Jahr für nichtmilitärische Projekte, dazu die Aufhebung der von Johnson eingeführten Kreditrestriktionen und die Förderung amerikanischer Kapitalinvestitionen in Spanien. Auf militärischem Gebiet jedoch erhält Spanien: ein Luftkontroll- und Alarmnetz, von dessen Gestehungskosten Spanien nur 30 Prozent aufbringen muß, 36 Phantom-Fighters — die Spanien über einen Kredit der Eximbank erwerben wird — acht Transportflugzeuge, 24 Hubschrauber, 54 Schützenpanzer, 49 Panzer samt Artilleriematerial, zwei U-Boote, fünf Zerstörer, vier Minenräumboote, drei Landeboote und drei Hilfseinheiten. Dieses Material, das Spanien nach Aussagen seines Außenministers dringend zur Modernisierung seiner Streitkräfte braucht, wird als Leihgabe überlassen und ist größtenteils Gebrauchtware.

1968, bei Ablauf des ursprünglichen spanisch-amerikanischen Stützpunktvertrages, waren die spanischen Forderungen unvergleichlich höher gewesen. Doch der Einsicht gehorchend, daß man ohne den großen Bruder nicht auskommt, schraubte man sie langsam herab. Kein Wunder, daß die Spanier über den neuen Vertrag wenig erfreut sind: Nach einer Umfrage eines spanischen politischen Wochenblattes sind 59 Prozent der Befragten bereits vor Bekanntwerden der Details des Vertrages gegen ihn gewesen. Spaniens Zeitungen haben sich bisher einer Meinungsäußerung fast auf der ganzen Linie enthalten oder reagieren reichlich kühl. Zufrieden mit dem neuen Pakt, dürfte nur die Regierung sein: Sie ist im strategischen Weltkonzert aus der zweiten in die erste Reihe aufgerückt.

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