Ein neues Hospiz als Herzenssache

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Mittwoch kommender Woche wird in Graz das neue VinziDorf-Hospiz für obdachlose Menschen eröffnet. Über ein einzigartiges Projekt - und was es sonst noch in Österreich bräuchte.

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Mittwoch kommender Woche wird in Graz das neue VinziDorf-Hospiz für obdachlose Menschen eröffnet. Über ein einzigartiges Projekt - und was es sonst noch in Österreich bräuchte.

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Es war am 8. Mai 2015, als Bonaventura Holzmann, Generaloberin der Elisabethinen Graz, im Rahmen eines Benefizabends in der Helmut-List-Halle eine Neuigkeit verkündete: Künftig werde man nicht nur auf der Palliativstation des eigenen Ordenskrankenhauses unheilbar kranke Menschen begleiten; man werde sich auch gezielt um jene kümmern, die freiwillig keinen Fuß in ein Spital setzen - schon gar nicht, wenn es ans eigene Sterben geht: um schwerkranke Obdachlose aus dem Grazer VinziDorf.

Knapp zwei Jahre später, am Mittwoch, den 5. April, öffnet das neue VinziDorf-Hospiz nun tatsächlich seine Pforten. Mit Unterstützung der Anton Paar GmbH und der Styria Media Group wurde ein Gebäude der Pfarre St. Leonhard, das gleich neben dem VinziDorf liegt, zu einem Hospiz mit zwei getrennten Zimmern umgebaut. Pflegebedürftige VinziDorf-Bewohner können nun ihre letzte Lebensphase weiterhin im Kreis ihrer Freunde verbringen -und werden zudem professionell betreut. Auch Bewohnerinnen der Grazer Frauenunterkunft "Haus Rosalie" können hier begleitet werden.

Die Basisversorgung wird über eine 24-Stunden-Betreuung organisiert, die Fachpflege übernehmen drei mal pro Woche diplomierte Fachkräfte von der Palliativstation der Elisabethinen. "In Hamburg gibt es ein ähnliches Projekt, doch in Österreich existiert nichts Vergleichbares", weiß Desirée Amschl-Strablegg, Pflegeleiterin der Palliativstation. Sie selbst hat früher an der Landesnervenklinik Sigmund Freud Erfahrungen mit chronisch und mehrfach geschädigten Abhängigkeitskranken gesammelt. Im neuen VinziDorf-Hospiz kann sie nun beide Fachbereiche kombinieren. "Im Vergleich zum Spital braucht es hier aber sicher mehr Toleranz -von der Körperhygiene bis zum Wunsch zu rauchen und Bier zu trinken", weiß Amschl-Strablegg. Doch gerade dieses Eingehen auf individuelle Bedürfnisse mache Palliative Care aus.

Gerold Muhri, der auf der Palliativstation der Elisabethinen als Internist tätig ist und im neuen VinziDorf-Hospiz die ärztliche Leitung übernimmt, betont nicht zuletzt auch die Gleichwertigkeit der beiden Einrichtungen."Das wird kein billiger Abklatsch werden für Menschen, die nicht versichert sind", stellt er klar, "sondern eine gleichwertige menschliche, medizinische und pflegerische Versorgung". Muhri selbst wird zwei Mal pro Woche im neuen Hospiz Visiten machen und auf Abruf erreichbar sein; zudem möchte er sich auch noch ehrenamtlich engagieren.

Ehrenamt als zentraler Schlüssel

Ohne dieses Engagement würde freilich schon jetzt nichts mehr gehen, betont Sabine Steinacher, die das VinziDorf leitet. 75 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich -neben den wenigen hauptamtlichen Helfern -um die oft alkoholabhängigen und auch psychisch kranken Männer. Auch im neuen Hospiz braucht es wieder die Mitarbeit vieler helfender Hände. "Das Ehrenamt spielt im Hospizbereich eine zentrale Rolle", betont Waltraud Klasnic, ehemalige Landeshauptfrau der Steiermark, Vorsitzende des Dachverbandes Hospiz Österreich -und Patin des neuen Vinzi-Dorf-Hospizes. "In diesem Haus soll man spüren, was Sorgekultur bedeutet", sagt Klasnic. "Geburt und Tod einen die Menschen, dazwischen geht jeder seinen eigenen Weg. Doch am Ende soll jeder dort bleiben dürfen, wo er sich zuhause fühlt."

Um diesen Hospizgedanken flächendeckend umzusetzen, braucht es freilich noch Einiges. Im Rahmen des Finanzausgleichs bis 2021 haben Bund, Länder und Sozialversicherungen zwar jährlich 18 Millionen Euro zum Ausbau des Hospiz-und Palliativangebots in Aussicht gestellt, doch von einer Regelfinanzierung ist man weit entfernt. Konzepte dafür soll das im Vorjahr eingerichtete Hospiz-und Palliativforum entwickeln, das Klasnic und die frühere Wiener Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann koordinieren. "Wenn Sie sich einen Fuß brechen, bekommen Sie einen Gips", sagt Klasnic. "Und wenn Sie im Sterben liegen, sollen Sie -ambulant vor stationär -versorgt werden. Daran arbeiten wir, mit Hilfe aller Ehrenamtlichen."

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