Nichts mehr faul im Staate Dänemark

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Wenn Ole Hansen in Kopenhagen seine Hemden nicht mehr selbst bügeln, seine Teppiche nicht mehr selbst saugen oder seinen Rasen nicht mehr selbst mähen möchte, braucht er nicht mehr kleine Zettel in die Supermärkte zu hängen, um jemanden zu finden, der ihm diese Lasten mit Schwarzarbeit abnimmt. Er wendet sich an eine hoch offizielle Heimservice-Firma, die das Saubermachen strahlend weiß erledigt. Viel mehr bezahlen muß er deshalb nicht: der Staat subventioniert die Dienstleitung mit fünfzig Prozent.

Das Heimservice war vor fünf Jahren höchst umstritten, als damit Dänemarks sozialliberale Koalition neue Arbeitsplätze schaffen und der weit verbreiteten Schwarzarbeit zu Leibe rücken wollte. Nach drei Versuchsjahren hatte sich das Modell so bewährt, daß es 1997 als Dauerlösung eingerichtet wurde. Doch inzwischen wurde der Erfolg zu groß. Zu viele Familien bedienen sich der subventionierten Haushaltsdienste, zu viel Geld muß der Staat zuschießen. So gab es in diesem Herbst den ersten Rückzug: fürs Fensterputzen gibt es ab Neujahr keine Zuschüsse mehr, für Gartenarbeiten nur noch ein Drittel statt bisher die Hälfte der Lohnkosten.

Umgerechnet 2,2 Milliarden Schilling läßt sich Dänemark das Heimservice kosten. Dafür wurden 4.000 bis 5.000 Fulltime-Jobs geschaffen. Die typische Firma besteht aus dem Chef oder der Chefin und einigen wenigen Mitarbeitern, die in einem lokal begrenzten Gebiet die Heime gestresster Doppelverdiener säubern, während diese in der Arbeit sind. Daß deren Komfort mit Steuermilliarden gefördert werden soll, während gleichzeitig gebrechlichen Rentnern aus Spargründen die kommunale Heimhilfe auf ein Minimum reduziert wird, ist immer noch umstritten. Die Regierung verteidigt das Modell jedoch mit den neuen Arbeitsplätzen, die vor allem jungen Menschen ohne Ausbildung und Einwanderern zugute kommen, die sonst wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten.

Schwarzarbeit floriert Es sind "weiße" Arbeitsplätze geworden: offiziell angemeldet, versichert, von der Steuerbehörde erfaßt. Und es sind jetzt mehr Arbeitskräfte im Dienstleistungssektor beschäftigt als je zuvor. Viele, die bisher ihre Heimarbeit selbst erledigten, weil sie Schwarzarbeit nicht mögen und ihnen eine offizielle Hilfskraft zu teuer gekommen wäre, bedienen sich nun der Heimservice-Angebote. Zu behaupten, daß dieses Modell den Pfusch eliminiert hätte, wäre dennoch eine Verdrehung der Tatsachen. Es mag zuletzt weniger "schwarze" Putzfrauen, Heckenschneider und Fensterputzer gegeben haben. In anderen Branchen aber floriert die Schwarzarbeit wie eh und je.

Die hohen Steuersätze - die dänische Spitzensteuer beträgt 64 Prozent, der Mehrwertsteuersatz 25 Prozent - macht den Verzicht auf eine Rechnung weiterhin attraktiv. Wer 1.000 Kronen für einen Handwerker ausgeben will, muß erst 3.000 verdienen, um so viel übrig zu haben. Und von diesen tausend Kronen muß der Angeheuerte so viel an Steuern und Abgaben bezahlen, daß ihm nur 300 übrig bleiben. Da bietet der den Job für 500 Kronen ohne Rechnung an, beiden ist gedient und das Steueramt schaut durch die Finger. Ganz so vorteilhaft ist die 50prozentige Subvention des Heimservice nicht. Dafür bewahrt sich der, der es benützt, sein reines Gewissen.

Geschwindelt wird allerdings auch in der Sauberkeitsbranche. So manche Firma schraubte den Stundensatz ungebührlich hoch, um eine entsprechend erhöhte Subvention zu kassieren, und gewährte dann den Kunden einen Nachschlag bei deren Anteilzahlung. Und wenn künftig Gartenarbeit nur noch reduziert und Fenster putzen gar nicht mehr bezuschußt wird, bedarf es nicht der großen Phantasie, um sich auszumalen, daß Scheiben waschen auf den Rechnungen dann Boden schrubben heißen wird, und daß die Helfer, die den Rosenbusch beschnitten, in ihre Formulare eintragen werden, daß sie Socken stopften.

Der Autor ist Korrespondent in Kopenhagen.

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