Generation Facebook wird Ministerin

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Die neue deutsche Familienministerin Kristina Köhler mag „Rosenstolz“. Und das Berliner Pop-Duo scheint die ersten Zeilen ihres Songs „Gib mir die Sonne“ ganz auf die Frau Minister-Senkrechtstarterin hingeschrieben zu haben: „Es kann gar nicht hell genug sein /Alle Lichter dieser Welt / Sollen heute für mich leuchten …“ Köhler saß in ihrem Bundestagsbüro in Berlin, als sie der Anruf von Kanzlerin Angela Merkel ereilte, ihr Stern aufging. „Hoppla, eine Ministerin!“, titelte dazu die Bild – mit 32 Jahren die jüngste noch dazu.

Was nicht heißt, dass Köhler eine Anfängerin in der Politik ist. Mit 14 Jahren ist die Tochter eines Juristen und einer Immobilienmaklerin der Jungen Union der CDU beigetreten. Schon nach dem Mauerfall 1989, da war sie zwölf, wollte sie eintreten. „Die haben mir dann zu meiner großen Enttäuschung mitgeteilt, ich sei noch viel zu klein und ich müsse warten, bis ich 14 bin.“ Sie wartete keinen Tag länger. Mit 20 war sie Stadtverordnete in Wiesbaden, bevor sie 2002 in die Bundespolitik wechselte.

Bereits bei ihrer ersten Kandidatur für den Bundestag sorgte Köhler für Schlagzeilen, weil sie in Wiesbaden als gerade 25-Jährige die damalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul herausforderte. Vor sieben Jahren verlor sie das Duell noch; bei den letzten Wahlen Ende September setzte sie sich aber gegen die prominente SPD-Politikerin durch und gewann das Direktmandat.

Zu Köhlers Karrieresprung beigetragen hat auch das Glück ihrer Geburt im hessischen Wiesbaden und nicht beispielweise im nur zehn Kilometer entfernten rheinland-pfälzischen Mainz. Denn nach dem Rücktritt von Arbeitsminister Franz Josef Jung fehlte in der Regierung ein Hesse – auch deswegen kam die Hessin zum Zug. Als „Proporzpolitikerin“ kann sich Köhler aber eine sehr erfolgreiche Kollegin zum Vorbild nehmen: ihre Chefin Angela Merkel. Auch die ist als Quoten-Ossi-Frau 1990 von Helmut Kohl in die Regierung geholt und zur ersten gesamtdeutschen Ministerin für Frauen und Jugend ernannt worden.

Und noch eine Parallele gibt es zwischen Merkel und Köhler: Beide sind zu ihrem Amtsantritt „nur“ liiert und kinderlos. Doch Köhler beabsichtigt, bald zu heiraten – Ole Schröder, Parteifreund und Staatssekretär im deutschen Innenministerium. Die Einladungen seien verschickt, heißt es – mit dem Amtsantritt hat die Familiengründung aber selbstverständlich nichts zu tun, wird ebenfalls betont – wär’ aber auch niemand auf die Idee gekommen, oder?

Köhler bezeichnet sich als „Fachpolitikerin für Islam, Integration und Extremismus“. Studiert hat sie neben Soziologie auch Geschichte, Philosophie und Politik. Ihr Familienbild ist liberal – sie passt damit sehr gut zum Koalitionspartner FDP: „Ideal ist Familie auch nicht immer“, sagte sie in einem Interview, „aber wenn in Partnerschaften oder zwischen Kindern und Eltern gegenseitig Verantwortung füreinander übernommen wird und alle an einem Strang ziehen, dann ist das großes Glück.“ Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sieht sie positiv: „Auch in diesen Partnerschaften werden Werte gelebt, die für unsere Gesellschaft entscheidend sind. Oft sogar sehr konservative Werte.“

Wie solche Meinungen bei ihren konservativen Parteifreunden ankommen, wird Köhler bald sehen. Aber „Rosenstolz“ hat ja auch eine Textzeile für bittere Ministerinnentage der Kristina Köhler gedichtet: „Manchmal muss das Leben wehtun / Nur wenn es weh tut / Ist es gut, dafür zu geh’n …“

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