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Saisonbeginn im Rundfunk

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Es ist zwar bekannt, wird aber oft zu wenig in Rechnung gestellt, daß die Programmgestaltung im Rundfunk unter allen kulturellen Institutionen wahrscheinlich die schwierigste ist Unter diesem Aspekt gesehen, läuft die Saison der Sender Rot-Weiß-Rot und Ravag vielversprechend an, beide prägen immer mehr ihre persönliche Note: und wenn man sich allgemein für die kommende Zeit etwas wünschen darf, so wäre es etwa dies: weniger Konservativismus bei der Ravag (die es durch die Zensur allein organisatorisch schon schwer hat) und größere Sorgfalt in der Gestaltung bei Rot-Weiß-Rot. Beiden aber gilt der Seufzer über den „heiteren" Sektor: abgesehen von einzelnen sehr guten Brettlsendungen, zeigt der Rest mäßiges bis schlechtes Niveau und fast immer die gleichen Mitwirkenden, die so gezwungen sind, sich übermäßig auszupressen und so zum Sprachrohr für bejahrte Scherze werden. — Hier wäre es besonders wichtig, neue Leute, neue Ideen und neue Witze (vielleicht zur Abwechslung einmal nicht über die Ehe) herauszustellen. In diese Sparte fällt auch das noch kaum gelöste Problem der Rundfunkoperette (ein Beispiel vor kurzem erwies das), die sich meist albern, klischeehaft, wenig klar und noch weniger rundfunkecht zeigt.

Das Funkstudio der Ravag, das jungen Autoren, Regisseuren und Schauspielern Gelegenheit geben sollte, sich zu bewähren, hat seine Existenzberechtigung noch kaum bewiesen. Bisher wurden allein einzelne neue Schauspieler erprobt, und der Studiocharakter der letzten Sendung zum Beispiel, eine Bearbeitung von Mannfred Hausmanns reizender Novelle „Abel mit der Mundharmonika“, fehlte sowohl vom Stück als auch von der Regie her völlig. Daneben stand eine bezaubernde, vituose Aufführung von Molnars „Große Liebe" (Regie Otto Ambros).

Rot-Weiß-Rot zeichnete sich mit einer schauspielerisch vorzüglichen Aufführung von Hölderlins „Tod des Empedokles" aus, deren Klarheit durch starke Stimmenähnlichkeit beeinträchtigt wurde — ein Fehler, der heute im Rundfunk nicht mehr passieren dürfte. Dem zur Seite stand das schon einmal gehörte, überaus witzige und kluge Stück von Alfred Polgar „Die Defraudanten", in dem ausnahmsweise die kleinen Diebe davonkommen. Die Aufführung, in glänzender Besetzung, unter der Regie von Berthold Viertel, kann als vollendet bezeichnet werden.

Die Pläne der Sender sind interessant und vielversprechend; die nächsten Monate werden erweisen, wie weit sie Wirklichkeit werden.

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