6710083-1964_16_16.jpg
Digital In Arbeit

Zwei namhafte Franzosen von heute

19451960198020002020

MANNER IM NEBEL. Roman von Henri Queffelec. Französischer Titel: „Freres de la brume“. Verlag Herder, Frelburg-Basel-Wie n. 15 Seiten. Preis 18.80 DM. — DIE CON-TESSA. Roman von Maurice D r u o n. Französischer Titel: „La volupte d'etre“. Henry-Gouverts-Verlag, Stuttgart. 40 Selten. Preis 18.50 DM. >

19451960198020002020

MANNER IM NEBEL. Roman von Henri Queffelec. Französischer Titel: „Freres de la brume“. Verlag Herder, Frelburg-Basel-Wie n. 15 Seiten. Preis 18.80 DM. — DIE CON-TESSA. Roman von Maurice D r u o n. Französischer Titel: „La volupte d'etre“. Henry-Gouverts-Verlag, Stuttgart. 40 Selten. Preis 18.50 DM. >

Werbung
Werbung
Werbung

Henri Queffelec, uns kein Neuer mehr, verknüpft in seinem Roman „Männer im Nebel“ zwei dramatische Motive zu einer großen Einheit, die Kämpfe des Rettungsdienstes zur See gegen die Wucht der Naturgewalten und die seelischen Kämpfe um das Glück der großen Liebe. Aus ihrem französischen Heimathafen Boulogne fahren zwei Kapitäne aus, Jacques Avril mit seinem Schlepp- und Bergungsschiff, Jean Desrumeaux mit seinem Fischdampfer. Beide sind sie ganze Kerle, aber in das Wagnis, in den hohen Einsatz der menschlichen Leistung spielen auf erbärmliche Weise die geschäftlichen, rein finanziellen Wünsche und Absichten der Firmen hinein, denen die Schiffe zugehören. Jacques Avril hatte sich einst ganz und gar an die junge Anne-Catherine verschenkt. Doch als er während der Kriegszeit drei Jahre verschollen war, heiratete sie aus gedankenlosem Trotz den brutalen Jean Desrumeaux. Und der heimgekehrte Jacques nahm aus Verzweiflung über ihre Untreue die armselige, unansehnliche Madeleine zur Frau. Wird ■ es gelingen, die- -Schuld ungeschehen zu machen, das längst Vergangene neu und glückbringend zu beleben? Um diese aufwühlenden Fragen geht es nun, das Unheimliche der gefahrvollen Seefahrt — zuweilen für den Leser allzu ausgiebig besprochen — verquickt sich mit dem persönlichen Schicksal der beiden, die einander wie eh und je lieben, Jacques und Anne-Catherine. Höhepunkte des Romans sind die grandios gestalteten Zwiegespräche der Gegner, Jacques Avril und Jean Desrumeaux einerseits, Anne-Catherine und Madeleine anderseits. Hier leuchtet aufs hellste die epische Meisterschaft des Dichters. Um ihrer Kinder willen verzichten die Liebenden zuletzt auf ihr Glück. Anne-Catherine bleibt bei dem gewalttätigen Jean und Jacques bleibt bei Madeleine. Dieses, wenn wir so sagen wollen, moralische Ende, wird uns mit soviel glaubhafter Lebendigkeit und mit soviel Takt vorgeführt, daß wir von peinlich Rührseligem nicht das geringste verspüren.

Auch Maurice Druon hat sich vermöge seiner ins Deutsche übersetzten Romane, die vorwiegend historische Themen behandeln, bei uns bereits einen Namen gemacht. Diesmal, in „Die Contessa“, beginnt er mit einem umständlichen Vorwort, einer kulturgeschichtlichen Abhandlung über die Begriffe Hetäre, Odaliske, Kurtisane und Geisha, wobei er uns aber durchaus keine überzeugenden Hinweise auf den Roman selbst gibt. Eine uralte Frau, einst Geliebte großer Männer, haust völlig verarmt in einem kleinen Hotel. Und was uns nun der Dichter des langen und breiten vorführt, ist nichts anderes als die Krankengeschichte einer an Schizophrenie Leidenden, obgleich diese medizinische Begriffsbestimmung ängstlich vermieden wird. Die Alte spielt ohne Unterlaß die Rollen ihrer Vergangenheit. Wie ein Arzt feststellt, ist sie dabei durchaus nicht unglücklich und wird sich ihres Elends und Verfalls nicht bewußt. Lebensvoll mutet im Gegensatz zu ihr das Hotelstubenmädchen Carmelia an, das, teils bezwungen von den Traumbildern der Kranken, teils aus liebreichem Mitleid, alle die vielen Rollen auf sich nimmt, die ihr die geistig Umnachtete aufdrängt. Da sich die schizophrenen Phänomene bis zur Eintönigkeit wiederholen, muß die Anteilnahme des Lesers absinken, dies ungeachtet der Fähigkeiten des Dichters, die sich in seiner reichen Sprache und in seinem Vermögen künstlerischer Menschengestaltung offenbaren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung