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Blauhelme
Gleich nachdem die UNO-Truppe den Friedensnobelpreis bekommen hatte, rief mich ein UN-Soldat an und fragte: Sollte man darüber nicht etwas schreiben? Ja, sagte ich, aber unsereins schreibt ohnedies so viel, schreiben doch Sie etwas, so unter dem Motto ,Jch bin ein Friedensno belpreisträger“. Mhm, machte er am anderen Ende der Leitung und bemerkte dann, wenn er etwas schriebe, dann unter dem Titel ,J3in ich ein Friedensnobelpreisträger?“ Er werde, etwas schreiben, verkündete er. Er schreibt noch immer.
Tags darauf traf ich im Cafe eine alte Bekannte, die ihren erwachsenen arbeitslosen Sohn zu einem Kaffee ausführte. Warum schreibst du nichts über unsere Friedensnobelpreisträger?, fragte sie aggressiv. Wir hatten uns lange nicht gesehen und sie hatte inzwischen offensichtlich nicht nur Brigitte Hamanns Bertha von Sutt-ner-Biographie gelesen, sondern auch das Buch unserer ersten Friedensnobelpreisträgerin, die Waffen nieder“. Im Sinne der Bertha von Suttner sei das sicher nicht gewesen, meinte meine Bekannte. Warum müsse der Friede immer mit Waffen verteidigt werden?
Ich wurde lehrhaft: Erstens, so erläuterte ich, könne sich auch die Bertha von Suttner irren, und zweitens habe die noch keine Ahnung gehabt, daß es einmal so etwas wie eine UNO-Friedens-truppe geben könne. Ich hielte das für einen Fortschritt: Ein Militär, das eher symbolischen Charakter habe und wirklich zur Friedenssicherung da sei. Der Frieden sei eine Utopie, die mit kleinen Schritten angestrebt werden müsse. Die UN-Friedenstruppe sei so ein Schritt.
Söldner sind das, warf der Sohn verdrossen ein, Söldner, die mit Idealismus nichts im Sinn hätten, sondern einfach mehr Geld, verdienen wollten.
Söldner seien Killer, die sich jedem Diktator verdingten, klärte ich ihn auf: Unsere Soldaten aber seien keine Söldner, sondern Staatsbürger in Uniform. Es sei eben Tatsache, daß einander zum Beispiel Türken und Griechen haßten, und es sei gut, daß zum Beispiel auf Zypern unsere Blauhelme dafür sorgten, daß die Hassenden sich nicht dauernd aufeinander stürzten. Im übrigen seien sicher schon mehr UNO-Soldaten bei ihren Einsätzen ums Leben gekommen, als sie selber Menschen getötet hätten. In solchen Krisengebieten nütze es nichts, im Niemandsland ein Zelt aufzuschlagen und dort „We shall overcome“ zu singen.
Ich sei ein Demagoge, sagte meine Bekannte, sie sei überhaupt nicht neugierig darauf, was ich in dieser Sache schriebe.
Und der Sohn sah mich überhaupt nicht friedensbewegt an.
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