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Achse gegen Hussein

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Nachdem der erste Monat der zweiten Waffenstillstandsfrist von 90 Tagen für den Nahen Osten bereits ungenützt verstrichen ist, haben der neuerliche Versuch einer engeren politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bindung zwischen Syrien und Ägypten, und die Reise König Husseins von Jordanien nach Amerika und Westeuropa, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, auf arabischer Seite neue Tatsachen geschaffen, die auf den ersten Blick nicht gerade förderlich für eine friedliche, politische Lösungsetappe vor dem 4. Februar 1971, dem Ende der Feuerpause, aussehen.

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Nachdem der erste Monat der zweiten Waffenstillstandsfrist von 90 Tagen für den Nahen Osten bereits ungenützt verstrichen ist, haben der neuerliche Versuch einer engeren politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bindung zwischen Syrien und Ägypten, und die Reise König Husseins von Jordanien nach Amerika und Westeuropa, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, auf arabischer Seite neue Tatsachen geschaffen, die auf den ersten Blick nicht gerade förderlich für eine friedliche, politische Lösungsetappe vor dem 4. Februar 1971, dem Ende der Feuerpause, aussehen.

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Die nach Nassers Tod geschwächte Position der VAR ist durch die Wallfahrt des neuen syrischen Staatschefs Hafez Assad nach Kairo und seinem Beitritt zu dem zwischen Ägypten, dem Sudan und Libyen diskutierten Einigungsprojekt so stark aufgewertet worden, daß sie auch einem Wiederbeginn des Luft- und Artilleriekrieges mit Israel recht kaltblütig entgegenblickt, während Husseins Vorsprachen in Washington, London, Paris und Bonn die Westmächte noch stärker in das nahöstliche Hasardspiel hineinzuziehen suchen, wobei ihnen bei jeder Ver-internationalisierung des Konfliktes der Schwarze Peter in der Hand bleiben dürfte.

Syriens neues Anlehnungsbedürfnis an Ägypten, aus dessen „Vereinigter Arabischer Republik“ es 1961 gewaltsam ausgetreten ist, hängt nicht so sehr mit seiner vermeintlichen Schwäche zusammen, wie man das in Kairo jetzt wieder gerne glauben möchte. Nach der Leichtigkeit zu beurteilen, mit der Hafez Assad dem schon sehr unbeliebten Atassi die Macht entrissen und bisher aufrechterhalten hat, sind der Luftmarschall und der von Ihm vorgeschobene neu« syrische Präsident Chattb innenpolitisch auf gar keine Rückendeckung aus der VAR angewiesen, wie sie etwa den schwankenden sudanesischen Staatschef Numeiry zur Gleicbschaltung mit dem Nachbarn am unteren Nil veranlaßt hat. Auch Israel gegenüber haben die Syrer, die bisher als einzige bis nach Galiläa und Haifa einflogen, nichts von den Ägyptern zu lernen, und auch ihre direkte Verbindung zur Waffen- und Entwicklungshilfe stellenden Sowjetunion hat den Umweg über Botschafter Vinogradov in Kairo nicht nötig.

Viel überzeugender scheint es, daß Syrien mit dem neuen Ansatz zu einer Union mit Ägypten selbst Einfluß am Nil sucht, in noch stärkerem Ausmaß aber in Libyen, das Hafez Assad über den Dreierpakt Kairo-Khartum-Tripolis ebenso offen steht. In der VAR haben eben die Enthüllungen über die illegale Tätigkeit von Baath-Sozialisten bewiesen, daß der arabische Sozialismus syrisch-irakischer Prägung auch bei den Ägyptern zumindest ebensolche Anziehungskraft wie der herrschende Einheitssozialismus der „Arabischen Sozialistischen Union“ besitzt. Noch konkretere Einflußmöglichkelten eröffnen sich Hafez Assad, dessen energische Natur auch vom Fehlen einer ebenbürtigen Persönlichkeit im arabischen Führerteam profitiert, in dem seit der Militärrevolution vom 1. September 1969 zwischen Baathis-mus und Nasserismus schwankenden Libyen.

Dem Trend zur arabischen Einheit unter ägyptischem Vorsitz und syrischer Leitung, der sich wie schon einmal nach 1956 an weiteren israelischen Erfolgen nur versteifen wird, steht jetzt in erster Linie nur noch Husseins Haschemitenthron in Jordanien im Weg.

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