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Nassers neues VAR-Gefühl

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In der ägyptischen Hauptstadt hat im Anschluß an die Treffen der Staatschefs der VAR, Libyens und des Sudan in Tripolis und Chartum eine Konferenz ihrer drei Außenminister stattgefunden, der Kontakte des Kairoer Außenhandelsministers Zaki im Sudan und Libyen folgten. Schließlich ist eine Delegation des VAR-Verkehrsministeriums nach Benghasi, Tripolis und Chartum aufgebrochen, um den auf Gipfelebene vereinbarten Zusammenschluß der drei arabisch-sozialistischen Staaten auch durch den Ausbau des Straßen-, Schienen- und Flugnetzes in die Wege zu leiten.

Parallel zur Kairoer Unionskonferenz der Außenminister wurde in Tripolis wieder eine neue Liste von Revolutionsratsmitgliedern bekanntgegeben, in der bekannte Namen, wie der des ursprünglichen Revolu-t ionssprechers Buschyg^tjü^.. Der von Staatschef Kazafy eingeschlagene Kurs des Anschlußes an die VAR, deren Präsident der 28jäh-rige Oberst eines Tages nach Nasser zu werden hofft, scheint nämlich immer noch auf den Widerstand jener Offiziersgruppe zu stoßen, die beim Blick auf die arabische Einheit weniger Kairo als Bagdad und Damaskus im Auge haben. Auch aus Chartum traf zu der Tagung nicht Außenminister Awadallah, eine der führenden Persönlichkeiten der sudanesischen

Revolution vom 25. Mai 1969, ein, sondern Staatsminister Abu Issa vertrat die Interessen Chartums bei der Bildung der verschiedenen Koordinationskomitees zwischen Ägypten, Libyen und dem Sudan, deren Einsetzung das Ergebnis der Außenministerkonferenz bildete. Awadallah, der einzige Zivilist im neuen sudanesischen Militärregime, war zuerst von Generalmajor Numeiry bei der Regierungsbildung vom Oktober 1969 als Ministerpräsident verdrängt und in der letzten Zeit auch in der Leitung des von ihm nominell noch immer bekleideten Außenressorts durch Staatsminister Faruk Abu Issa de facto ersetzt worden.

Selbstverständlich zeigen die Bemühungen um die Schaffung dieser neuen „Vereinigten Arabischen Republik“ Kairos, Chartums und Tripolis vor allem in Ägypten innenpolitische:; Auswirkungen. DiePopulari-tät Präsident Nassers ist ^wieder sprunghaft im Steigen, und vor allem sein Staatsbesuch im Sudan, der zum Unterschied von dem Dreier-gipfel in Tripolis keine unmittelbaren politischen Zielsetzungen zeigte, diente in Ägypten auf der Basis der alten historischen Bande zwischen den beiden Nil-Stäaten zur Entfachung der Begeisterung der Massen. Aber auch in den alternden Nasser scheint nach den Jahren der Fehlschläge in Syrien, dem Jemen und in

Immer wieder: das weltpolitische Ol

Die Zusammenarbeit mit den Sudanesen und Libyern ist für die Ägypter aber nicht nur ein Stimulans politischer Begeisterung. Die VAR, die ungeachtet ihrer eigenen Erdölvorkommen 1970 für den Betrieb ihrer Schwerindustrie neben 500.000 t sowjetischer Kohle auch Rohöl aus Baku im Wert von 6,3 Millionen ägyptischen Pfund importieren muß, sieht im Anschluß an die libyschen Petrolvorkommen die Lösung ihres Energieproblems. Die von der Weltbank als Voraussetzung neuer Kredite geforderte Stabilisierung des ägyptischen Pfunds durch Währungsunion mit den frei konvertierbaren Pfunden des Sudans und Libyens sowie technische Entwicklungshilfe der VAR als Gegenlei-leistung an Tripolis und Chartum sind weitere zentrale Themen des neuen arabischen Einigungsprojektes.

Wie schon bei der Union Ägypten-Syrien sind aber bessere, direktere und raschere Verkehrsverbindungen zwischen den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Partnern der Föderation Kairo-Chartum-Tripolis Voraussetzung ihres wirksamen Funktionierens. Zwischen Ägypten und Libyen ist zur Zeit nur der Seeweg für großräumige Transporte geeignet, und die staatliche „Mediterranian Shipping“ in Alex-andria hat ihre Routen, die bisher hauptsächlich nach Beirut liefen, bereits nach Benghasi und Tripolis ausgedehnt. Der Seeweg zwischen Suez und Port Sudan wird derzeit durch Israel blockiert, so daß der Ausbau der Straßenverbindung Tripolis—Benghasi—Alexamdria—Kairo —Assuan—Chartum die Achse sein wird, um die sich Nassers jüngstes Projekt drehen soll, dessen Verwirklichung von vielen Imponderabilien, aber in erster Linie von der politischen Stabilität in Libyen und dem Sudan abhängt.

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