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Bessarabiens Jugend

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Die knapp dreieinhalb Millionen Einwohner der Moldauischen Unionsrepublik der UdSSR (bis 1941 Bessarabien genannt, früher Ostprovinz Rumäniens) weisen gegenwärtig einen steigenden Anteil von Industriearbeitern in den Reihen der KP auf. 1966 erreichte der Arbeiteranteil der neu als Kandidaten und Vollmitglieder aufgenommenen Genossen 26,6 Prozent, 1967 = 32,4 Prozent, 1968 = 34,2 Prozent, 1969 = 37,1 Prozent. Eindeutig zeichnet sich hier das zunehmende spezifische Gewicht der Industrie im Republikrahmen ab. Die Industrieerzeugung erreichte im Jahre 1969 am Gesamtsozialprodukt einen spezifischen Anteil von 55,2 Prozent.. Fügt man hinzu, daß das noch immer agrarwirtschaftlich bestimmte Land rund ein Fünftel der Traubenernte, der Weine, der Maisaufbringung der gesamten UdSSR produziert, so präsentiert sich diese westlichste Unionsrepublik der Sowjetunion als ein ernstzunehmender wirtschaftlicher Faktor.

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Die knapp dreieinhalb Millionen Einwohner der Moldauischen Unionsrepublik der UdSSR (bis 1941 Bessarabien genannt, früher Ostprovinz Rumäniens) weisen gegenwärtig einen steigenden Anteil von Industriearbeitern in den Reihen der KP auf. 1966 erreichte der Arbeiteranteil der neu als Kandidaten und Vollmitglieder aufgenommenen Genossen 26,6 Prozent, 1967 = 32,4 Prozent, 1968 = 34,2 Prozent, 1969 = 37,1 Prozent. Eindeutig zeichnet sich hier das zunehmende spezifische Gewicht der Industrie im Republikrahmen ab. Die Industrieerzeugung erreichte im Jahre 1969 am Gesamtsozialprodukt einen spezifischen Anteil von 55,2 Prozent.. Fügt man hinzu, daß das noch immer agrarwirtschaftlich bestimmte Land rund ein Fünftel der Traubenernte, der Weine, der Maisaufbringung der gesamten UdSSR produziert, so präsentiert sich diese westlichste Unionsrepublik der Sowjetunion als ein ernstzunehmender wirtschaftlicher Faktor.

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Der Anteil der Parteigenossen an der Bevölkerung der Moldauischen Republik liegt unter dem Durchschnitt der europäischen Republiken der UdSSR. Noch rechnet man in diesem Lande mit ..proletarischen“ Maßstäben, um i den gesunden Bestand der Partei oder anderer Führungsgremien oder den Nachwuchs zu gewährleisten. Die ideologische Zeitschrift der Moldauischen Republik, „Communistul Moldovei“ (Erscheinungsort Kischinew), publizierte vor kurzem Angaben über die soziale Zusammensetzung an den Hochschulen des Landes: 21 Prozent der Studenten des Polytechnischen Institutes „S. Lazo“ in Kischinew entstammen dem Arbeitermilieu (18 Prozent, soweit es sich um die rein , rechnerische Studienrichtung handelt), aus Bauernfamilien 35 Prozent (beziehungsweise 42 Prozent), aus Angestelltenfamilien 44 Prozent (beziehungsweise 40 Prozent). Das Organ brachte im Februar dieses Jahres einen kritischen Kommentar zur kritischen Haltung dieser Hochschüler gegenüber den Gesellschaftswissenschaften. Rund 1000 Studenten in Kischinew-Chisinau wurden nach Wert und Nutzen der Soziologie befragt. 12,5 Prozent der künftigen Ingenieure und 68.5 Prozent der künftigen Ingenieurökonomen des Polytechnischen Institutes bezeichneten die Gesellschaftswissenschaften als „bevorzugte Gegenstände“. Indes kritisierte der Auswerter dieser Enquete, daß bloß 42,1 Prozent die dazu empfohlene Fachliteratur lasen, während 48,7 Prozent die empfohlenen Lehrbücher nur „teilweise“ durchblätterten. 36,4 Prozent (Inge-nieur-ökonomie-Studenten) beziehungsweise 45,2 Prozent (von der Technischen Fakultät) besuchten die veranstalteten „.Konsultationen“ (eine Art Seminarbetrieb der politischen Bildung) aus Zeitmangel oder anderen Gründen überhaupt nicht. Bloß 22.3 Prozent der Hörer fanden sich regelmäßig zu den Konsultationen ein.

Welche Kritik äußern die zuständigen Professoren der Politökonomie in dem Institut „S. Lazo“ in Kischinew? So gut wie jeder Student liest zwei bis drei Zeitschriften. Doch gerade wichtigste Fachzeitschriften („Voprosy ekonomiki“, „Ekonimices-kija nauki“) werden praktisch kaum gelesen. Dagegen findet die Zeitschrift „Ausland“ (Za rubezom) mit 49,1 Prozent eine Höchstzahl studentischer Leser. Es folgt die Zeitschrift „Internationales Leben“ (Mezduna-rodnaja zizn) mit 22,6 Prozent beziehungsweise 23 Prozent. Die Zeitschriften „Wissenschaft und Religion“ (Nauka i religia) und „Neue Zeit“ (Novoje vremja) halten sich in der Lesergunst der künftigen Ingenieure ungefähr die Waage. Der Überblick zu einigen Jugendproblemen der Moldauischen Republik kann nicht abgeschlossen werden, ohne daß man Feststellungen des Innenministers der UdSSR, des Generalobersten JV. SGolokov, zitiert. Er erklärt im „Comunistul Moldovei“: Das Niveau der Kriminalität ist in der Moldauischen SSR (berechnet auf 10.000 Menschen) niedriger als im Durchschnitt der UdSSR. Indes sind 45 Prozent aller Verstöße und Delikte gegen Leben, Gesundheit, Freiheit und Würde der Person — Akte des Hooliganismus. Während sich die Miliz um die Bekämpfung der Kriminalität Jugendlicher verdient macht, fehlt es an Präventivmaßnahmen aller Art. So konnte sich ein Genosse Ciulac in einer Baudirektion unbehindert durch Unterschleife 100.000 Rubel aneignen, weil niemand auf die Strafkarte des einfallsreichen Chefangestellten gesehen hatte ... Die Moldauische SSR steht auch im Alkoholkonsum — verglichen mit den übrigen Republiken der UdSSR — am unteren Ende. Immerhin gehen 30 Prozent der zur Strafverantwortung gebrachten Delikte auf Kosten übermäßigen Alkoholgenusses. 90 Prozent aller unentschuldigten Absenzen in den Betrieben und Institutionen sind ebenfalls der Trunksucht zuzuschreiben. Alles in allem zeigt sich: Die Moldauische SSR, die trotz Wanderungsbewegungen und ständigem Zustrom von Arbeitskräften aus anderen Republiken noch rund 50 Prozent rumänische Bevölkerung aufweist, hat eine lernbegierige, aufstrebende Jugend. In der Mittelschule erfolgt der Unterricht zum Teil in „moldauischer“, das heißt in rumänischer Sprache. An der Universität und an den beiden Technischen Fakultäten des Institutes von „S. Lazo“ dagegen werden die Kurse nur in russischer Sprache gelesen. Es gibt eine Moldauische Akademie der Wissenschaften, deren Publikationen in Russisch und Moldauisch erscheinen. Die landwirtschaftliche mittlere Ausbildung bedient sich zum Teil ebenfalls der moldauischen, das heißt rumänischen Sprache.

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