Auch alle Pflichten des Erwachsenseins tragen

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Die Zahl der Straftaten von Jugendlichen ist stark gestiegen. Es ist daher gerechtfertigt, ein deutliches Signal zu setzen.

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Die Zahl der Straftaten von Jugendlichen ist stark gestiegen. Es ist daher gerechtfertigt, ein deutliches Signal zu setzen.

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Die Debatte. Absenkung der Strafmündigkeit?

Zum Thema. Härtere Strafen für 18-Jährige ab 2001? Die Novelle zum Jugendgerichtsgesetz sieht vor, bereits mit Vollendung des 18. Lebensjahres (bisher 19) das strengere Erwachsenen-Strafrecht "greifen" zu lassen. Die Intention des derzeit gültigen Gesetzes ist es, die Straffälligkeit von Jugendlichen nicht ausschließlich mit Mitteln des Strafrechts zu lösen. Als Argument für die Absenkung der Strafmündigkeit wird die Absenkung der Volljährigkeit auf ebenfalls 18 Jahre genannt. "Gleiche Rechte, gleiche Pflichten", fordert VP-Justizsprecherin Maria Fekter und wird von Justizminister Dieter Böhmdorfer unterstützt. Die Richtervereinigung winkt hingegen ab: Zivilrechtlich "reif" zu sein, heißt nicht, ihn oder sie mit der vol-len Härte des Erwachsenen-Strafrechts treffen zu müssen. WM Die Österreichische Bundesregierung wird im Zuge der Kindschaftsrechtsreform das Großjährigkeitsalter im internationalen Gleichklang von 19 auf 18 Jahre senken. Analog dazu wollen wir auch die Strafmündigkeit diesem Alter anpassen. Jugendliche ab dem 18. Lebensjahr haben dann alle Rechte und sollen in Hinkunft bei gesetzeswidrigem Verhalten zur Verantwortung gezogen werden können.

Dass diese Anpassung richtig ist, zeigt folgendes Beispiel: Ein 18-Jähriger, der gerade den Führerschein gemacht hat, kann sich ein Auto kaufen - er gilt als voll geschäftsfähig. Stiehlt oder unterschlägt dieser 18-Jährige das Geld für den Autokauf, fällt er zur Zeit aber noch in die Jugendgesetzbarkeit und unterliegt somit nicht der vollen Strafbarkeit. Und diesen Umstand halte ich für unhaltbar. Erwachsensein heißt für mich alle Rechte zu haben, aber gleichzeitig auch alle Pflichten.

Die Statistik in Österreich zeigt derzeit erfreulicherweise einen tendenziellen Rückgang bei der Zahl von Verbrechen. Leider ist hingegen in den letzten neun Jahren die Zahl der angezeigten Straftaten mit jugendlichen Tatverdächtigen um 60 Prozent gestiegen. Für mich bedeutet diese Entwicklung, dass das milde Jugendstrafrecht seine präventive Wirkung nicht wirklich erfüllt hat. Daher halte ich es für durchaus gerechtfertigt, ein klares Signal für die jugendlichen Straftäter zu setzen.

Über "mildernde Begleitmaßnahmen" wird aber noch diskutiert werden. So wird von unserer Seite zum Beispiel überlegt, den Jugendgerichtshof - so wie bisher auch - für 19-Jährige zuständig sein zu lassen. Dieser hat in diesen Fällen dann aber das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden.

Natürlich muss auf die Schwere der Delikte Bedacht genommen werden. Durch Unbesonnenheit begangene "Jugendsünden" sollen selbstverständlich nicht das weitere Leben ruinieren. Für leichtere Vergehen steht die seit Anfang des Jahres geltende Diversion in Form von Geldbußen, gemeinnütziger Arbeit oder Täter-Opferausgleich als Maßnahme zur Verfügung. Damit ist der Unterschied zwischen Erwachsenen- und Jugendstrafrecht nicht mehr so gravierend.

Einzige wirkliche Diskrepanz ist die Halbbemessung der Strafen für Jugendliche (halbe Strafe bei gleicher Tat gegenüber Erwachsenen), die aber durch die Flexibilität der Richter ausgeglichen werden kann. Es gibt bereits mehrere Ansatzpunkte im Strafrecht, wo Richter auf die individuelle Situation des Täters Rücksicht nehmen können. Neben der Diversion ist dies unter anderem der besondere Milderungsgrund für unter 21-Jährige, wo Richter im Strafmaß die Auswirkung der Strafe auf das künftige Leben mitberücksichtigen können.

Außerdem ist die Verhängung der Strafe "lebenslänglich" schon jetzt für unter 20-Jährige ausgeschlossen. Richter haben zudem auch heute schon die Möglichkeit, junge Erwachsene dem Jugendstrafvollzug - zum Beispiel in die Jugendstrafanstalt Gerasdorf - zuzuweisen. Jugendliche Straftäter können dort bis zu ihrem 24. Lebensjahr aufgenommen und auf ein straffreies Leben vorbereitet werden.

Ist aber die Straftat so gravierend, dass die Diversion nicht in Frage kommt und keine besonderen Milderungsgründe angewendet werden können, handelt es sich auch nicht mehr um eine Jugendtorheit. Dann sollte der Richter die Strafen des Erwachsenen-Rechtes verhängen können. Den kriminellen Heranwachsenden muss ihr Unrechtsverhalten verdeutlicht werden.

Mit der Herabsetzung der Strafmündigkeitsgrenze um ein Jahr akzeptieren wir schließlich die jungen Menschen mit 18 Jahren voll als Erwachsene.

Die Autorin ist Abgeordnete zum Nationalrat und Justizsprecherin der ÖVP.

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