Engagement für Außenseiter

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„Wenn heute Roma-BettlerInnen mit juristisch fragwürdigen Verboten vertrieben werden sollen, wo bleibt der prophetische Aufschrei einer jesuanischen Kirche?“, fragt sich Gernot Haupt. Der Klagenfurter Lehrer, Sozialarbeiter und Antiziganismus-Forscher betreibt ein Sozialprojekt für Roma in West-Rumänien und fordert eine Theologie der Roma-Befreiung.

Die Furche: Herr Haupt, was war für Sie der Auslöser, sich mit der Situation der Roma und Sinti zu beschäftigen?

Gernot Haupt: Seit der Studienzeit habe ich mich mit der Theologie der Befreiung befasst. Als wir 1989 die Situation der Roma in Rumänien erlebt haben, war es nur konsequent, uns auf diese am meisten unterdrückte Minderheit in Europa zu konzentrieren.

Die Furche: Viele glauben, dass sich die Roma selbst nicht helfen lassen wollen …

Haupt: Zuerst war einmal die Exklusion da. Das kann man in der Geschichte gut verfolgen. Die Roma haben für die Mehrheitsgesellschaft immer eine Funktion erfüllt. Leute, die sich der gängigen Arbeitsmoral nicht so unterwerfen, die sich nicht auf ein nationales Gebiet einschränken lassen, waren gefährlich und wurden besonders bestraft. An ihnen wurden Exempel statuiert – auch heute noch, und zwar für politische Zwecke.

Die Furche: Sie fordern eine Theologie der Roma-Befreiung. Was könnte das bedeuten?

Haupt: Ich würde mir wünschen, dass sich die Kirche den Roma und den Romabettlern, die exemplarisch die Ausgegrenzten unserer Gesellschaft sind, auch exemplarisch zuwendet. An ihnen müsste deutlich werden, was „Option für die Armen“ heißt. Das wäre ein Zeichen einer unmittelbaren Nachfolge Jesu in seiner Zuwendung zu den Ausgegrenzten. Es geht aber auch um Bewusstseinsbildung der Mehrheitsbevölkerung.

Die Furche: Haben Sie das Gefühl, dass Sie gehört werden?

Haupt: Ich war beim Ökumenischen Kirchentag in München, werde zu Vorträgen eingeladen. Ich habe mich auch dafür eingesetzt, dass die Romapastoral in Österreich personell aufgestockt wird. Derzeit ist dafür eine Pastoralassistentin mit halbem Posten zuständig, wobei es bei uns 40.000 bis 50.000 Roma gibt. Das ist ein Skandal.

* Das Gespräch führte Doris Helmberger

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