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Feilschen um Flohmarkt

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Nach 14 Monaten Zwangspause gibt es nun wieder jeden Sonntag den Flohmarkt in Groß-Enzersdorf. Der Rechtsstreit geht aber weiter.

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Nach 14 Monaten Zwangspause gibt es nun wieder jeden Sonntag den Flohmarkt in Groß-Enzersdorf. Der Rechtsstreit geht aber weiter.

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Ungefähr 14 Monate sind vergangen, seit der Flohmarkt auf dem Gelände des Autokinos in Groß-En-zersdorf behördlich gesperrt vrarde. Auf Entscheidung des niederösterreichischen Landeshauptmannes kann - zumindest einstweilen - der Flohmarkt wieder abgehalten werden. Die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf als zuständige Gewerbebehörde hatte zuvor die Schließung des Flohmarkts wegen unzumutbarer Lärm- und Geruchsbelästigung der Anrainer verfügt. Dabei stützte die Behörde die Stihe-gung auf Paragraph 360 Gewerbeordnung (GewO) - eine Bestimmung, die nur auf eine gewerbhche Betriebsanlage Anwendung findet.

Franz Lampesberger, Betreiber des Autokinos und zugleich Vermieter der Stellflächen für die mobilen Marktstände, verteidigte sich damit, nur die Örtlichkeit zur Verfügung zu stellen, mit der bloßen Vermietung aber kein Gewerbe zu betreiben. Da es sich nicht um die Atisübung eines Gewerbes handle, könne der Flohmarkt gar keine gewerbliche Betriebsanlage darstellen. Lampesberger, über das Vorgehen der Beamten empört: „Die Fieranten und die Besucher des Flohmarkts wurden von der Gendarmerie an der Einfahrt in das Gelände gehindert. Sogar zu meinem Restaurant vrarde ihnen der Zutritt verwehrt."

Tatsache ist, daß der jeden Sonntag abgehaltene Flohmarkt die Anrainer wahrlich nicht erfreute. Die Autoschlange reichte oft bis in den benachbarten 22. Bezirk zurück; Lärm und Abgase waren die Folge. Dennoch kann der Argumentation Lampesbergers einiges abgewonnen werden. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat nämlich aus Anlaß dieses Falles schon mit Bescheid vom 14. Oktober 1992 festgestellt, daß ganz allgemein die bloße Beistellung von Standplätzen ohne weitere Leistungen nur eine Vermietung darstelle und somit nicht als gewerbliche Tätigkeit anzusehen sei. Sollte es sich dagegen um Maßnahmen handeln, die auf die Herbeiführung und Abwicklung einer Flohmarktveranstaltung gerichtet sind, dann wäre der Tatbestand des Gewerbes „Organisation imd Durchführung eines Flohmarktes" erfüUt.

Als Durchführung eines Flohmarktes bezeichnete der Bundesminister jene Handlungen, die den umnittelbaren Ablauf einer Verkaufsveranstaltung bestirrmien oder erleichtern (zum Beispiel Ordnerdienste, Überwachung der feilgebotenen Waren im Sinne einer Marktpolizei), während unter Organisation die Schaffung und Sicherung der erforderlichen Infrastruktur (etwa Werbung durch Inserate oder Hinweistafeln) zu verstehen sei.

GEWERBUCHE TÄTIGKEIT?

Für die rechthche Beurteilung des Flohmarktes bedeuten diese Ausführungen, daß Gewerbsmäßigkeit nur vorliegt, wenn der Betrieb beaufsichtigt oder die Ware kontrolliert worden ist. Dazu hält Lampesberger fest: „Es hat weder eine Überprüfung des Warenangebots durch mich oder meine Mitarbeiter gegeben, noch hat ein Ordnerdienst den Ablauf geregelt." Dies bestätigt zwar grundsätzlich auch die Behörde; dennoch wirft sie ihm vor, durch einen Angestellten der Lampesberger GesmbH die Zuweisung der Stellplätze bei der Einfahrt vorgenommen zu haben. Das sei bereits eine auf die Durchführung des Flohmarktes gerichtete Maßnahme, weshalb es sich sehr wohl um eine gewerbliche Tätigkeit handle.

Auch für diese Einweisung hat Franz Lampesberger ein Argument. Mit den Fieranten seien lediglich vereinzelt schriftliche Mietverträge, in denen bereits fix vorgegeberfb Stellplätze bestimmt waren, abgeschlossen worden. Mit den meisten Aussteilem gab es jedoch bloß mündliche Absprachen ohne Festlegung eines Stellplatzes, sodaß ihnen ein solcher erst bei der Einfahrt zugewiesen werden kormte. Die Zutei-ung sei daher lediglich eine aus den Mietverträgen erfließende Pflicht gewesen. Dies gelte im übrigen auch für die Schlichtung von Streitigkeiten unter den Ausstellern hinsichtlich der Stellplätze, da der Vermieter dem Mieter den ungestörten Gebrauch des Bestandobjekts gewährleisten muß.

Bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf findet sich wenig Verständnis für diese Auslegung. Doch selbst, weim man vom Vorliegen einer Betriebsanlage ausgeht, ist die Heranziehung von Paragraph 360 GewO zweifelhaft. Dabei muß es sich nämlich um Belästigungen und Gefahren handeln, die von der Betriebsanlage ausgehen, ihr also zurechenbar sind. Die neuere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (25. Februar 1993, ZI. 92/04/0244; 25. Februar 1993, ZI. 92/04/0085) zu Beeinträchtigungen durch den Verkehr zählt aber den Zu- und Abfahrtsbereich nicht mehr zur Betriebsanlage. Demnach sind lediglich jene Immissionen zu berücksichtigen, die unmittelbar in der Anlage ihren Ursprung haben. Und die reichen nach Angaben Lampesbergers nicht aus, um eine unzumutbare Belästigung anzunehmen: „Wenn das Autokino abends in Betrieb ist, kommen mehrere hundert PKW. Daran stößt sich niemand. Der Flohmarkt, der dagegen tagsüber stattfindet, kann dann im Verhältnis doch nicht vumunut-bar sein."

Die Aufhebung des Schließungsbescheides begründete der Landes-hauptmarm damit, daß die Bezirks-hauptmaimschaft Gänserndorf den Sachverhalt nicht ausreichend fest-gesteUt hätte. Die Frage der Gewerbsmäßigkeit ist damit nach wie vor nicht abschheßend beantwortet.

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