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Nüchterne Zahlen — dahinter lebendige Schicksale

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Im zweiten Teil unserer Betrachtung des österreichischen Akademikerproblems in Zahlen sollen nun die Veränderungen in ausgewählten akademischen Berufen besprochen werden, wobei nur vergleichbare Berufe herangezogen wurden.

1. Welche Berufe haben eine zahlenmäßige Zunahme zu verzeichnen?

Es ist bemerkenswert, daß im allgemeinen jene Berufe, die eine besonders lange und gründliche Ausbildung auch nach Beendigung der normalen Studienzeit erfordern, zahlenmäßige Abnahmen zu verzeichnen hatten.

Obgleich sich die Zahl der Apotheker, Pharmazeuten erhöht hat, weist die Zahl der männlichen eine Abnahme um 7% auf, während jene der weiblichen sich nahezu verdreifacht hat. Der Verminderung der Zahl der männlichen Zahnärzte um 26% steht ein Anstieg der Zahl der weiblichen um 54 % gegenüber, doch genügte dies nicht, um ein Absinken der Gesamtzahl zu verhindern.

2. Welche Veränderungen haben sich in der sozialen Stellung ergeben?

Die Zahl der selbständigen Zahnärzte hat sich um 34% vermindert, jene, der unselbständigen Zahnärzte um 136% erhöht. Bei den Apothekern steht einer Abnahme der Zahl der männlichen Selbständigen um 4% eine Verfünffachung der weiblichen gegenüber. Die Zahl der männlichen Unselbständigen hat eine 10 96 ige Verminderung erfahren, jene der weiblichen sich um 157% vermehrt,

Von je 100 Berufsträgern waren selbständig;

* Siehe „Purehe" Nr. 21 1954: „Jeder 28. männliche Oesterreicher ist Akademiker".

1 Quelle, soweit nieht anders angegeben, Heft 13 der „Volkszählungsetgebnisse 1951".

* Nur Selbständige.

8 Quelle: Stätistisehes Handbuch für den Bundesstaat Oesterreich, XVI. Jahrgang, bzw. Statistisches Handbuch für die Republik Oesterreich, IV. Jahrgang, Neue Folge.

Hieraus ist ersichtlich, daß — von den Apothekern abgesehen — in allen Berufen die Selbständigen mit mehr als 50% die überragende Stellung einnehmen.

3. Wie hoch ist der Frauenanteil in den akademischen Berufen?

Von je 100 Akademikern waren weiblich:

Höchst, aufschlußreich ist eine Berechnung des Frauenanteiles an den Berufsträgern unter 30 Jahren, Von 4 Apothekern unter 30 Jahren waren 3 weiblich, vön den Zahnärzten rund 48%.

Gegenüber 1934 hat sich der weibliche Anteil erhöht bei den

In diesen Zahlen spiegelt sich die fortschreitende Emanzipation der Frau wider.

4, Welche Veränderungen haben sich im Altersaufbau ergeben?

Ueber zwei für die Beurteilung der Berufsaussichten wichtige Momente: Ueberalterung und Nachwuchsbedarf, gibt die Altersstruktur Aufklärung.

Von je 100 Trägern untenstehender Berufe standen im Alter von bis unter . .. Jahren:

Bei allen hier angeführten Berufen — ausgenommen die Geistlichen der christlichen

Unter 40 bzw. 40 bis 50 Jahre.

Konfessionen — ist zwar der Anteil der Berufsträger unter 30 Jahren gestiegen, zugleich aber muß bei Ueberprüfung des Nachwuchsbedarfes die Verminderung des Anteiles der Dreißig- bis Fünfzigjährigen in den meisten Berufen und das teilweise starke Ins-Gewicht-Fallen der Berufsträger im Alter von 50 Jahren und darüber in Betracht gezogen werden. Diese Gliederungszahlen können uns aber keine Antwort darauf geben, wie sich die Entwicklung in den einzelnen Altersgruppen vollzogen hat. Denn nur dadurch können wir feststellen, ob der prozentuelle Rückgang der Dreißig- bis Fünfzigjährigen auf ein stärkeres, zahlenmäßiges Anwachsen der anderen Altersgruppen oder auf eine absolute, durch den Krieg verursachte schwächere Besetzung dieser Altersgruppe zurückzuführen ist.

Auf je 100 Berufsträger untenstehender Berufe des Jahres 1934 entfielen 1951:

Bei den Aerzten und Geistlichen der christlichen Konfessionen haben sich sowohl die absolute Besetzungszahl als auch der Prozentanteil der Dreißig- bis Fünfzigjährigen erhöht. Bei allen anderen Berufen ist der Rückgang des Prozentanteiles dieser Altersgruppe eine Folge ihrer schwächeren Besetzung, Während die Gesamtzahl der Zahnärzte abgenommen hat, hat sich die Zahl der Zahnärzte unter 30 verdoppelt. Die Zahl der Apotheker im Alter von 50 bis 65 Jahren hat um 89% zugenommen, jene der Apotheker unter 30 um 79%. Die Abnahme der Zahl der Rechtsanwälte ist vor allem auf die schwache Besetzung der Altersgruppen „unter 40 und „40 bis unter 50“ zurückzuführen. Die Zahl der christlichen Geistlichen unter 30 Jahren hat sich um 54% vermindert, jene der über Fünfundsechzigjährigen um 90% erhöht!

Eine Aufgliederung nach dem Geschlecht vermittelt aufschlußreiche Erkenntnisse. Bei den männlichen Berufsträgern haben die Kriegsverluste und die durch den Krieg erzwungene Studienunterbrechung zu — im Vergleich mit 1934 — geringeren Besetzungszahlen der Dreißig- bis Fünfzigjährigen geführt. Die Aerzte bilden hier eine Ausnahme, da infolge des großen Bedarfes an Aerzten während des Krieges den Medizinstudenten besondere Vergünstigungen zugestanden wurden. Bei den Apothekern ist auch die Altersgruppe der unter Dreißigjährigen um 12%’ schwächer besetzt als 1934. Die weiblichen Besetzungszahlen lagen 1951 in allen Altersgrenzen über jenen des Jahres 1934. Die Zahl der weiblichen Aerzte unter 30 Jahren hat sich mehr als verdreifacht, jene der Apotheker, Pharmazeuten und Tierärzte um das Zweieinhalbfache erhöht.

Es sei noch erwähnt, daß 1951 nahezu jeder dritte Notar über 65 Jahre alt war.

So erhalten wir durch die akademische Berufsstatistik Einblick in die Struktur der akademischen Berufe. Aus ihrer Verbindung mit der Hochschulbesuchs- und Abgangsstatistik können wir die für eine planvolle Nachwuchsbetreuung notwendigen Unterlagen gewinnen.

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