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„Asterix" in Österreich"

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Vorbereitet durch die Abenteuer des Galliers Asterix konnte erwartet werden, daß die Keltenausstellung in Hallein auf großes Interesse stoßen würde -und bis jetzt wurde diese Annahme bestätigt. Die richtige Lektüre nach dem Besuch dieser Ausstellung ist die fundierte Untersuchung von Gerhard Do-besch über die Kelten in Österreich.

Der Autor, Schüler von Prof. Schachermeyer, wurde selbst Professor für Alte Geschichte an den Universitäten von Graz und Wien und schildert an Hand der römischen Berichte über keltische Vorstöße nach Oberitalien, vor allem in der Region von Aquileja, die politische Struktur der Alpenkelten. Die Herren des „regnum Noricum" verhandelten nach dem Versuch der Ansiedlung einer gallischen Schar in Venetien (186-183 v. Chr.) mit dem römischen Senat, und 170 v. Chr. beschwert sich König Cincibilus in Rom-wegen der Ubergriffe eines römischen Konsuls im keltischen Siedlungsgebiet.

Die Interpretation der spärlichen Erwähnungen bei Livius führt Dobesch zu dem Schluß, daß sich das regnum Noricum in der Zeit zwischen 183 v. Chr. und 170 v. Chr. von einer Adelsrepublik zu einer Monarchie entwickelt hat, die mit Rom ein lockeres Bündnis ohne Verpflichtungen unterhielt. Dadurch wird etwa erklärbar, daß bei der Belagerung von Noreia durch die Boier im 1. Jahrhundert v. Chr. die Römer nicht eingegriffen haben.

Als Leitlinie der römischen Außenpolitik kristallisiert sich die Verteidigung der Alpengrenze heraus: Vor Caesar liegt der Bereich jenseits der Alpen, die nach der Aussage antiker Autoren „wie eine Mauer" vor Italien liegen, außerhalb des römischen Machtbereiches, und es wird auch kein Versuch unternommen, die Herrschaft über die Alpengrenze auszudehnen.

Erst unter Caesar werden mit der Annexion Palliens neue Ziele gesetzt -deren Erreichung mit völkerrechtswidrigen Aktionen wie dem Angriff auf Ariovist begonnen hat. Gerade an Hand des Bellum Gallicum kann der Verfasser darlegen, wie der Römer auch politische Formen anderer Völker immer nur mit römischen Begriffen bezeichnet. Diese auf Rom konzentrierte Darstellung findet sich auch bei Livius, der von den Kelten eben nur dann erzählt, wenn sie in den Bannkreis der römischen Interessen traten.

Trotz des Fehlens detaillierter Informationen über die politischen Formen keltischer Verbände ist eine Vielfalt von Gefolgschaftsformen anzunehmen. Denn „es ist bezeichnend, daß wir sogleich, wenn diese Völker (d. h. die keltischen Gebiete) von der schriftlichen Uberlieferung der Mittelmeervölker erfaßt werden, beobachten können, daß sie sehr wohl eine reich entwickelte Geschichte besitzen; nicht die Geschichte fehlte in der sogenannten .Vorgeschichte', sondern die Uberlieferung der Geschichte".

Zahlreiche Exkurse geben dem Autor Gelegenheit, Einzelprobleme abzuhandeln; dabei erfährt der Asterix-Le-ser, daß der griechische Historiker Pto-lemaios den Ausspruch überliefert, die Kelten fürchten nur, der Himmel könnte ihnen auf den Kopf fallen. Gemeinsam mit der Ausstellung rundet sich durch das Werk von Dobesch das Porträt einer Zivilisation ab, die sicher lange Zeit unterschätzt wurde.

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