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Das Gold blättert ab

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Traditionell gelten die Sozialdemokratie und die von ihr dominierte Gewerkschaft als die zuverlässigsten Vertreter der Interessen der arbeitenden Menschen, ja sie nehmen vielfach ein Monopol auf die Wahrung dieser Interessen in Anspruch.

Doch das, was einmal wahr war oder für wahr gehalten wurde, muß nicht für alle Räume und Zeiten gelten. So sind in Spanien die Arbeiter gegen die Spar- und Beschäftigungspolitik der sozialistischen Regierung auf der Straße und fühlen sich durch deren Maßnahmen in elementaren Rechten verletzt.

Auch hierzulande ist nicht alles Gold, was noch nach außen glänzt. Bei näherem Hinsehen blättert auch hier das Gold ab. Die Bilanz von hundert Jahre Gewerkschaftsbewegung in Österreich fällt nur dann eindeutig positiv aus, wenn man die historischen Errungenschaften betrachtet, nicht unbedingt, wenn man den gegenwärtigen Aktionsradius ins Auge faßt.

Der Gewerkschaftsbund ist in Österreich viel zu regierungsfreundlich und parteinahe, um die Funktion der Wahrnehmung kritischer Punkte der sozialen Entwicklung, so der „neuen Armut”, die der CDU-Generalsekretär Heiner Geißler thematisiert hat, erfüllen zu können. Sie ist noch viel zu sehr auf das historische Muster des alten Klassengegensatzes fixiert, um die Rechte neuer Benachteiligter, die vom alten Schema abweichen, wirksam vertreten zu können.

Insbesondere ist die Gewerkschaft in erster Linie Repräsentantin der Beschäftigten und nicht Anwalt der Arbeitslosen. Wenn in Teilen der verstaatlichten Industrie Kündigungen und Frühpensionierungen durchgeführt werden und im steigenden Maße drohen, während die Politiker und Spitzenmanager, die das Debakel dieser Betriebe verursacht haben, mit Millionenabfertigungen in Pension gehen, den Arbeiter als Letzten und Leidfragenden des Systems, aber wie man so treffend sagt, der Hund beißt, vermißt man den Aufschrei der mit diesem System längst verfilzten Gewerkschaft.

Wen kann es dann wundernehmen, wenn sich laut Meinungsumfragen nur mehr jeder zweite Arbeitnehmer von der Gewerkschaft vertreten fühlt und wenn der Weizen Haiders gerade unter der Industrie-arbeiterschaft blüht?

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