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„Gedrillte“ Computer
Das Computer-Zeitalter, in das wir uns so unversehens hineinkatapultiert sehen, ist in seiner ganzen Tragweite noch gar nicht abzusehen oder einzuschätzen. Erst quasi Tag für Tag gesammelte Erfahrungen geben einen Einblick in das, was da möglich ist und was da noch möglich sein kann und wird.
So ist es Tausenden von Sekretärinnen und Stenotypistinnen Amerikas erst jetzt bewußt geworden, daß ihre Arbeitgeber die Maschine auch zum Zwecke des Kontrollierens und Uberprüfens einsetzen. Der Computer, dermaßen programmiert, wird damit zum Manager, drückt man die Entwicklung positiv aus. Der Computer wird zum Aufpasser und
Kontrolleur, muß man feststellen, sollen Vorbehalte mit anklingen.
So leuchtet bei der gigantischen Datenverarbeitungsfirma AT Automatic Processing in New Jersey auf dem Bildschirm der Word Pro-cessors — hier wird der Computer auch als moderne Super-Schreibmaschine verwendet — mitunter der Satz auf: „Hello - Sie schreiben derzeit weitaus langsamer als Ihre Nachbarin“. Auf der anderen Seite registrieren die dermaßen „gedrillten“ Maschinen aber auch, wenn eine Dame besonders schnell und damit fleißig ist, denn gezählt werden die Tipp-An, schlage pro Sekunde. Und wer 18.000 Anschläge pro Stunde schafft-das sind fünf pro Sekunde -, kann sein Gehalt bis zu 40 Prozent, den Basislohn zugrunde gelegt, aufbessern.
An diesem Beispiel schon wird deutlich, daß die Methode ihre Gegner wie ihre Sympathisanten hat.
Fleißige, die durch das System belohnt werden, sind ihre geradezu begeisterten Fürsprecher und Verteidiger — urteilt eine Sekretärin in New Jersey: „Mein Chef hat nie gemerkt, daß ich doppelt schaffe - jetzt .sagt's' ihm der Computer, und der ist unbestechlich.“
An den Kassen von Supermärkten aber registrieren die Scanner-Computer nicht nur die gekaufte Ware und berechnen automatisch den Preis — ein neuerdings anschließbarer Zentral-Com-puter hält auch fest, wie viele Stücke pro Minute die Kassierin handhabt und wie lange sie „idled“, also nichts tut.
Negative Punkte registrieren und addieren die Reservierungscomputer von Pacific Southwest Airlines, wenn jemand länger als 109 Sekunden an einer telefonischen Buchung arbeitet und länger als zwölf Minuten für einen Toilettenbesuch benötigt — wer 37 Minuspunkte im Jahr erreicht hat, kann entlassen werden.
Die Zahl der Befürworter und Gegner des Systems unter den Arbeitnehmern hält sich überraschenderweise etwa die Waage. Es gibt also nicht, wie man erwarten sollte, einen Aufschrei, weil wieder ein Stück „Großer Bruder“ verwirklicht wird. Uber Daten- und Personenschutz wird in Amerika generell weniger und ohne Leidenschaft diskutiert“, als das in Europa der Fall ist.
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