Supermarkt - © Foto: Getty Images / David Madison

Wie Unternehmen das Kaufverhalten ihrer Kunden vorhersagen

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Mit immer präziseren Werkzeugen können Unternehmen das Kaufverhalten ihrer Kunden vorhersagen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Wetter.

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Mit immer präziseren Werkzeugen können Unternehmen das Kaufverhalten ihrer Kunden vorhersagen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Wetter.

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Als sich im September 2004 Hurrikan Frances mit bedrohlichen Windgeschwindigkeiten von bis 170 Stundenkilometern der amerikanischen Ostküste näherte, machte das Management des US-Einzelhandelsriesen Walmart eine Bestandsaufnahme des Warenlagers. Wie bei jedem Wirbelsturm würden die Kunden auch diesmal Hamsterkäufe machen und die Regale leerräumen. Wasserflaschen, Batterien, Taschenlampen – Produkte, die sonst nur Prepper horten, sind in der Endzeitstimmung vor Hurrikans auch bei Otto-Normal-Verbrauchern extrem nachgefragt. Das zeigt die Erfahrung der letzten Extremwetterereignisse. Doch welche anderen Artikel die Kunden in ihre Einkaufswägen legen, lässt sich schwer vorhersagen. Wirbelstürme sind für den Einzelhandel eine logistische Herausforderung.

Laut den Wettervorhersagen blieb Walmart noch ein kleines Zeitfenster von ein paar Tagen, um die Warenlager seiner Filialen aufzustocken. Um Auffälligkeiten und Muster im Einkaufsverhalten der Kunden festzustellen, durchforsteten Datenwissenschaftler mit einem neuen Computerprogramm mehrere Terabyte Daten Kaufhistorie. Das Ergebnis: Vor Hurrikans deckt sich die Kundschaft mit Bier und Pop Tarts ein. Der Verkauf dieser Küchlein, das zeigten die Datenanalysen, zog vor Wirbelstürmen um das Siebenfache an. Ein Detail, das bei einer gewöhnlichen Inventur womöglich verborgen geblieben wäre. Also schickte das Management mit Minikuchen und Bier beladene Trucks auf die Interstate 95, um die Supermärkte an der Ostküste mit Waren zu beliefern.

Prognostik hat lange Tradition

Big Data erlaubt tiefe Einblicke in Betriebsabläufe: welche Produkte an welchem Wochentag über die Scannerkasse gezogen werden, wann am meisten Bier gekauft wird, welche Artikel mit Sojamilch kombiniert werden etc. Walmart sammelt mittlerweile pro Stunde 2,5 Petabyte Daten von einer Million Kunden – das entspricht dem gesamten Bestand in amerikanischen Universitätsbibliotheken. Mithilfe von Algorithmen lassen sich aus diesen riesigen Datenmengen wertvolle Erkenntnisse gewinnen. So wusste die US-Supermarktkette Target anhand des Kaufverhaltens, dass eine Kundin schwanger war, bevor der Vater davon erfuhr.

Die Prognostik hat bei Walmart eine lange Tradition. Unternehmensgründer Sam Walton, ein Autonarr und ‚Zahlenhuber‘, soll seinen Bruder einst gefragt haben: „Was, wenn wir die Autos in jeder Walmart-Filiale zählen könnten?“ Einmal war er so beschäftigt mit dem Zählen von Fahrzeugen auf dem Kundenparkplatz, dass er mit seinem Pick-up einen Lieferwagen rammte. Jahrzehnte später, im Jahr 2010, wurde die Idee wieder aufgegriffen: Analysten quantifizierten mithilfe einer Software auf Satellitendaten den Zu- und Abfluss von Fahrzeugen auf Walmart-Kundenparkplätzen – und stellten dabei fest, dass es einen Zusammenhang zwischen Parkplatzbelegung und Umsätzen gibt.

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