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Randbemerkungen eines bemühten Christen

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Is ich von 1976 bis 197S in den Anden Boliviens als Ent­wicklungshelfer tätig war, wuchs mir dieses ausgemer­gelte Volk ans Herz. Wer je er­lebte, wie einem Freund ab­grundtiefes Unrecht geschah, der wird erahnen, was ich litt, als ich von den österreichi­schen Waffenlieferungen nach Bolivien erfuhr, denn dort wer­den die Waffen vorwiegend ge­gen das Volk eingesetzt.

Argentinien ist zwar nicht Bolivien, aber nach all dem, was man aus diesem Land hört, sind dort die Verhältnisse nicht besser. Es ist ziemlich naiv, zu glauben, daß sich eine Militärdiktatur an eine Ver­wendungserklärung von Waf­fen hält, wenn es ihr an den Kragen geht.

Fassungslos steht der Ken­ner der lateinamerikanischen Verhältnisse vor der Kurzsich­tigkeit, die sich in den Argu­menten der österreichischen Verantwortlichen für Waffen­exporte spiegelt. Ich möchte heute nur das Argument der Arbeitsplatzsicherung heraus­greifen:

Die Verpflichtung zur Er­haltung und Schaffung von Ar­beitsplätzen hat grundsätzlich die gesamte Volkswirtschaft.

Kann ein Unternehmen seine Arbeitsplätze nur mit Geschäf­ten halten, die vom Volk aus moralischen Gründen abge­lehnt werden, so muß die Un­ternehmungsleitung von der Verpflichtung der Arbeits­platzsicherung enthoben wer­den. Es bekommt in Österreich ja auch keine Firma die Ge­nehmigung zur Heroinerzeu­gung, obwohl damit eine

Menge Arbeitsplätze zu si­chern wären ...

Daß auch die an der Steyr- Daimler-Puch AG beteiligten Gebietskörperschaften und die gesamte Volkswirtschaft aus dem Waffengeschäft Gewinn ziehen, sei unbestritten. Wie hoch jedoch der Einkommens­verlust jedes einzelnen Staats­bürgers bei Ausfall der Waf­fenexporte - gegebenenfalls durch eine notwendige Stüt­zung der Arbeitsplätze der Steyr-Werke aus Steuergel­dern - ist, müßte im Sinne ei­

ner umfassenden Information der Staatsbürger errechnet und veröffentlicht werden.

Ich bin überzeugt, daß er so niedrig bleiben wird, daß sich die Mehrzahl der Österreicher ihreGewissennichtmitWaffen- exporten belasten will. Wenn andere Länder Geld nehmen wollen, an dem das Blut und die Tränen von politischen Ge­fangenen, Gefolterten und Er­mordeten kleben, so können wir Österreicher dies nicht ver­hindern. Ich bin mir aber si­cher, daß solches Geld die

Mehrzahl der Österreicher nicht will.

Aus dieser Überzeugung schrieb ich einen Offenen Brief an die österreichische Bundes­regierung zur Waffenproduk­tion in Österreich, der bereits von zahlreichen Befürwortern unterschrieben wurde und in dem es u.a. heißt:

„Die Unterfertigten ... anerkennen das Recht auf be­waffnete Landesverteidigung und sind sich der schweren wirtschaftlichen Probleme be­wußt, die die Ausrüstung des Heeres mit modernen Waffen mit sich bringt. Da auch an­dere neutrale Staaten Europas vor diesem Problem stehen, er­suchen die Unterfertigten die österreichische Bundesregie­rung, auf diplomatischer Ebene zu sondieren, ob die neutralen Staaten Europas zu einem Vertrag bereit wären, der vorsieht, - ihre Heere mit Waffen auszurüsten, die aus den neutralen Vertragsländern stammen, und - keine Waffen an Drittländer zu exportie­ren ...“

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