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Verlust für das Gemeinwohl

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„Wer Rüstung und militärische Landesverteidigung gelten läßt, muß unter gewissen Einschränkungen auch den Waffenhandel und die Waffenex­portindustrie gelten lassen“ - so wird oft argumentiert. Dieser Fragekon­struktion entspricht aber die gesell­schaftliche Gegenwart Österreichs in keiner Weise:

• Nicht die Entscheidung für oder ge­gen die militärische Landesverteidi­gung ist aktuell, die aktuelle Entschei­dungsfrage lautet vielmehr: Soll Öster­reich - wie einige andere Länder vor ihm - einen „militärisch-industriellen Komplex“ entwickeln? Soll eine Waf­fenexportindustrie ausgedehnt werden, die ihrer eigenen Gewinn- und Macht­logik unterliegt und die uns zwingt, nach Verkaufs- und Anwendungsmög­lichkeiten für diese Zerstörungspro­dukte zu suchen?

Denn eines ist gewiß; ohne Krieg und Bürgerkrieg gibt es auf Dauer auch kei­

nen Waffenexport! Wer sich nicht ge­gen das Fortwuchern des militärisch- industriellen Komplexes wendet, bleibt unterworfen unter die Eigendynamik dieses Komplexes und unter seinen Be- gründungszwang.

• Tatsächlich war die in den 70er Jah­ren aufgebaute und planmäßig weiter ausgedehnte Waffenexportindustrie in erster Linie an Exportmöglichkeiten

und nur nachrangig an den möglichen Käufen des österreichischen Militärs orientiert. So istz.B. der „Jagd“Panzer „Kürassier“ gar nicht auf die geltende Militärkonzeption unserer Landesver­teidigung abgesteilt (Vgl. General Duic in den SN). Die Produktionsanlagen für die Geländefahrzeuge von Steyr- Daimler-Puch sind nicht für die Zwecke des Bundesheeres, sondern in Erwartung eines weltweiten Markts eingerichtet worden!

Das verdeckte, tatsächliche Motiv der Waffenexporte wird faßbar in Ver­lautbarungen des Managements der Steyr-Daimler-Puch AG, man brauche die Gewinne aus dem Panzerexport zwecks Finanzierung der zivilen Pro­duktion: „Wir müssen möglichst viel Geld mit Panzern machen; genau dort liegen die Gewinne“ (Generaldirektor Michael Malzacherrin: „Der Spiegel“, Nr. 32/1980, S. 106).

• Âüch die behauptete Kostensenkung ist großteils Einbildung. Gewiß, durch Waffenexporte können die Stückko­sten gesenkt werden, weil die Käufer­länder die Produktionskosten subven­tionieren. Aber die Gesamtkosten unse­res Militärapparats werden dadurch um keinen Schilling gesenkt. Sie sind eine politisch definierte Größe, keine militärisch-technisch objektivierbare Größe.

Wenn wir ohne Abfangjäger, Atom­sprengköpfe und ohne Lenkraketen auskommen, dann auch ohne „Jagd“- Panzer. Ein „Verzicht“ auf ihren Ex­port, und das heißt auf ihre Herstel­lung, senkt Österreichs Militärauf­wand, nicht etwa umgekehrt.

Solange wir uns an den Vorbereitun- gen zum kollektiven Tod („Omnicid“)

nicht beteiligen, gibt es keine untere Grenze der Rüstung. Wer ein bestimm­tes Waffensystem innerhalb der gelten­den Konzeption für unentbehrlich hält, kann sich nicht davor drücken, das Volk zu fragen, ob es die Anschaffungs­kosten bezahlen will.

• Trotz scheinbarer Gewinne sind Waf­fenproduktion und -export für das Ge­meinwohl ein Verlust. Regionen und Staaten mit hohem Anteil an Rüstungs­industrie sind tiefen Schwankungen des Wohlstands ausgesetzt, und die langfri­stig notwendige Verwendung der Waf­fen kann bei dem erreichten hohen tech­nologischen Niveau der Waffenpro­duktion nur in Schäden und nicht in Gewinnen sich niederschlagen.

Die Behauptung, wonach durch Waf­fenexporte „viele Arbeitsplätze ge­schaffen und gesichert werden kön­nen“, stimmt zwar mit dem Wissens­stand führender Manager und Gewerk­schafter in der österreichischen Rü­stungsindustrie überein, nicht jedoch mit den Tatsachen. Nach den Feststel­lungen des internationalen Metallge­werkschaftsbundes sind „Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie eine Hinweg­fahrkarte zur Arbeitslosigkeit“ (imb- Nachrichten Nr. 14/1980).

• Auch die Überlegungen, Waffenex­porte seien aus Gründen der Solidarität mit anderen Völkern oder Regierungen nötig, entpuppen sich als vorgescho­bene Rechtfertigung. Die Nachfrage, so wird argumentiert, beweise einen Be­darf; werde er nicht von uns befriedigt, so von anderen Lieferländern, die da­durch ihren Einfluß ausdehnen würden.

Jedoch ist nicht der Waffenmangel

Ursache der Nachfrage nach Waffen, sondern Ursache sind wohl meist Un- rechtsverhäitnisse innerhalb einer un­gerechten Weltwirtschaftsordnung, die zu Elend und Erpressung führt.

In der Frage der Waffenexporte soll­ten wir uns nicht ablenken lassen durch vorgebliche Notwendigkeiten der Mili­tärtechnik und der geltenden Konzep­tion der Landesverteidigung. Unsere Verantwortung erfordert, uns für die Folgen der ex portierten Waffen haftbar zu erklären: das Aufheizen der Kriegs­bereitschaft und unsere Teilnahme am Verdrängen und Verschleppen von Konflikten. Was not tut, ist vielmehr, bei der Verwandlung eines ungerechten Weltwirtschaftssystems mitzuhelfen, das diese Konflikte und damit die Nachfrage nach Waffen immer wieder hervorb'ringt.

Der Internationale Metallgewerk­schaftsbund hat schon 1980 ein Pro­gram m der „Umstellung der Rüstungs­industrie auf sozial nützliche Ferti­gung“ vorgestellt. Eine „Ethik des kon­kret Besseren“, eine „Ethik der Ermu­tigung“ kann hier ansetzen.

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