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Gründung eines Bruckner-Hauses in Linz

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Nachdem im Sommer des vergangenen Jahres über die vom Bruckner-Bund für Oberösterreich veranstalteten Bruckner-Festtage in Linz und St. Florian berichtet wurde, kann heute von einem Ereignis gemeldet werden, das von der konsequenten und zielbewußten Weiterverfolgung des Bruckner-Festgedankens Zeugnis gibt, nämlich die Gründung einer Bruckner-Haus-Gemeinde und die ideelle Grundsteinlegung eines Bruckner-Hauses in Linz in einem von den Wiener Symphonikern unter Dr. Volkmar Andreae bestrittenen Festkonzert, das zwar wieder in jener behelfsmäßig adaptierten Turn- und Boxhalle stattfinden mußte, gerade dadurch aber mit besonderer Eindringlichkeit die Notwendigkeit des j geplanten Baues erwies. Die Teilnahme der Spitzen der Behörden gab der rein privater Initiative entsprungenen Veranstaltung das ihr gebührende Ansehen eines offiziellen Ereignisses und der Zudrang des musikliebenden Publikums erwies, daß man in weitesten Kreisen erfaßt hatte, worum es hier geht: Linz besinnt sich auf seine bedeutende Aufgabe und auf seine Verpflichtung gegenüber dem Erbe des größten Sohnes des Landes und schickt sich an, ein „Bruckner-Bayreuth“ zu werden. Hier soll der Kunst Anton Bruckners eine Weihestätte geschaffen werden, an der dessen Werk vorbildlich gepflegt, wo eine wahre und echte Bruckner-Tradition geschaffen und gehütet und von wo der Geist Bruckners allen vermittelt werden soll, die in aller Welt danach begehren, in einer Zeit, die gerade dieses Geistes so sehr bedarf. Es ist das eine hohe und weltweite Aufgabe, und es ist erhebefid, zu erleben, daß sie gerade jetzt inmitten und trotz größter materieller Not angegangen wird, und zwar aus wirklichem Idealismus und ohne entwürdigende Spekulationen, die sich nur allzuleicht und gern mit Festspielgedanken vermengen. Wenn in einer Ansprache betont wurde, daß die Bruckner-Haus-Gemeinde in Anbetracht der großen Wohnraumnot für ihre Zwecke die Inanspruchnahme von Geldern der öffentlichen Hand ausdrücklich ablehne, so wird damit zugleich ein Appell an das kulturelle Gewissen der Allgemeinheit gerichtet, die sich selbst zur Ehre das große Werk wird schaffen müssen.

Die ersten, die der guten Sache ihr Opfer gebracht haben, waren die Wiener Symphoniker und Volkmar Andreae, die sich für diesen Abend unter Verzicht auf jedes Honorar zu Verfügung gestellt hatten und die bis auf den letzten Platz gefüllte Halle durch die Wiedergabe der dritten Symphonie Schuberts und der Dritten Bruckners begeisterten. Ihnen wurde durch Überreichung der ersten Gründerurkunden des Bruckner-Hauses gedankt. Und wenn von Linz als einem künftigen „Bruckner-Bayreuth“ die Rede ist, so darf wohl auch ein von Richard Wagner für sein Festspielhaus geprägtes Wort für dieses Unternehmen sinngemäß in Anspruch genommen und der Wunsch ausgesprochen werden, daß das Bruckner-Haus in Linz „zu einem teuren Angedenken, zu einem ermutigenden Begriff, zu einem sinnvollen Wahlspruch“ werden möge.

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