Eine Meldung der letzten Tage zeigt große Probleme: Die heiße Phase für die Vergabe neuer Lehrstellen im Herbst läuft bereits. Doch zahlreiche Plätze können nicht besetzt werden, weil die Bewerber den Kriterien nicht entsprechen. Wie ist es möglich, dass allein in Wien bei ca. 2200 Bewerbern auf 363 offene Lehrstellen zahlreiche Stellen unbesetzt bleiben, weil viele Bewerber schulische Mankos aufweisen?
Dies könnte man zum Anlass nehmen, wieder einmal die Misere im Bildungssystem zu beklagen, die dafür verantwortlich ist, dass viele junge Menschen für einen Lehrberuf schlichtweg zu wenig qualifiziert sind. Bei näherem Hinsehen zeigen sich freilich Detailfaktoren. Unter anderem fehlen allzu vielen jungen Menschen offensichtlich Voraussetzungen, die für die Nutzung angebotener Chancen unverzichtbar sind: eine vorschulische Erziehung und ein innerfamiliäres Klima, die Neugier auf Bildungsinhalte wecken und Haltungen wachsen lassen, die für die Erzielung von Bildungserfolg notwendig sind:Fleiß, Konzentration, Durchhaltevermögen usw.
Irritierend ist bei alledem der immer noch laute Ruf nach Bildungsreform und einem Mehr an staatlichen Eingriffen: Sollten nicht Eltern und Unternehmen selbst verstärkt Verantwortung übernehmen, Kinder und Jugendliche zu befähigen, Lebenschancen wahrzunehmen?
In vielen asiatischen Gesellschaften ist es seit Jahrhunderten üblich, in der Bildung der nächsten Generation eine Aufgabe zu sehen, auf deren Erfüllung insbesondere Eltern höchsten Wert legen. Sollte es nicht möglich sein, auch bei uns den Wert von Bildung und die Verantwortung von Eltern für das Erreichen der Bildungsziele selbstverständlich zu machen? Damit nicht auch in den kommenden Jahren die Suche nach einem Lehrling der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen gleicht!
Der Autor ist Professor für Arbeits-und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung
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