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Heimatvertriebenenversicherung

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Die Durchführung des 2. Sozialversicherungs-Abkommens zwischen Oesterreich und der Bundesrepublik Westdeutschland, das die Rentenansprüche der bei uns ansässigen heimatvertriebenen Volksdeutschen, gleichgültig, ob sie die österreichische oder deutsche Staatsangehörigkeit erlangt haben oder noch staatenlos geblieben sind, regelt, geht leider viel langsamer vor sich, als man sich ursprünglich vorgestellt hat; dabei sind die Versicherungsträger in Zeitnot, denn einerseits steht das neue „Allgemeine Sozialversicherungsgesetz“ (ASVG) bereits vor der Türe, anderseits wollen die Anspruchsberechtigten nach zehn Jahren des Harrens und Bangens zu ihrer Versorgung kommen. Die Schwierigkeiten bestehen vor allem darin, daß viele Rentenwerber nicht die nötigen Versicherungsunterlagen zur Feststellung ihrer Ansprüche vorzuweisen vermögen. Diesbezügliche Interventionen der Prager österreichischen Gesandtschaft blieben bisher erfolglos.

Aus diesem Grunde kommt dem Erlaß des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 12. Jänner 1955, ZI. II 175. 315-Z/54 über Ersatzdokumente besondere Bedeutung zu. Als solche nennt der Erlaß: Bescheide über die Versicherungspflicht bzw. Nicht-Versicherungspflicht, über ihr Erlöschen und über Um-reihungen; weiter Versicherungs- und Quittungskarten, Beitragsübersichten, vor allem aber auch Dienstzeugnisse, Arbeitsbücher und Dienstverträge. Es genügen im Notfalle aber auch eidesstattliche Erklärungen, die allerdings vor dem Schiedsgericht für Sozialversicherung ( 107 Sozialversicherungs-Ueberleitungsgesetz) beglaubigt sein müssen. Der Ministerialerlaß weist aber auch die Versicherungsträger an, überall dort, wo die zur Verfügung stehenden Unterlagen das Anspruchsrecht dem Grunde nach mit Sicherheit glaubhaft machen, eine vorläufige Leistung in der Höhe der Mindestrente (Art. 6, Abs. 2, des Abkommens) zu gewähren.

Eine weitere Schwierigkeit bietet die Umwandlung der bisherigen Treuhandrenten in Leistungen nach dem 2. Sozialversicherungs-Abkommen. Unter Treuhandrenten versteht man jene Vorschußleistungen, die auf Grund des Erlasses des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 21. Mai 1946, ZI. 1-10.556 — G—45, ab 1. Juni 1946 an österreichische Staatsbürger gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen den ausländischen Versicherungsträger in der Maximalhöhe von zuletzt 530 S monatlich zur Auszahlung gebracht wurden. Nun werden aber die Leistungen nach dem 2. Abkommen, soweit es sich um Hinterbliebenenrenten handelt, regelmäßig geringer sein. Dieser Meinung müßte noch rechtzeitig durch eine Ausgleichszulage entgegengewirkt werden, die allerdings einer gesetzlichen Verankerung bedürfte. Mit einem sich stets mildernden Betrag von etwa 600.000 S würde man hier leicht das Auslangen finden.

Der obzitierte Ministerialerlaß vom 21. Mai 1946 wird übrigens aufrechterhalten werden müssen, da nicht alle Personen, die bisher Vorschüsse empfingen, unter das 2. Abkommen fallen; so werden z. B. die Südtiroler und Kanaltaler von ihm nicht erfaßt.

Daß das Rentenbemessungsgesetz vom 6. Juli 1954, BGBl. Nr. 151, auch auf die Renten nach dem 2. Abkommen anzuwenden ist, erschien von allem Anfang an nicht zweifelhaft. Das Abkommen selbst bietet die Möglichkeit, die Mehrbelastungen für Oesterreich durch Verhandlungen mit der Bundesrepublik Westdeutschland wieder hereinzubringen (Art. 18). Endlich bedarf auch noch der Artikel 17, der die Erstattung des für die Sozialversicherungsträger durch die Durchführung des Abkommens entstandenen Mehraufwandes vorsieht, der Realisierung.

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