#17 Verdrängungs-Gugelhupf

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Auf dem Weg zum Traualtar: Die Frage nach dem Stattfinden

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Auf dem Weg zum Traualtar: Die Frage nach dem Stattfinden

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Es hat schon etwas Absurdes, wenn rundherum Hochzeitsfeiern kurzfristig abgesagt werden und man selbst munter weiter plant. Wenn wenige Wochen früher oder später entscheidend sind, ob man mit sechs oder fünfzig Menschen feiern darf. Ob man diesen fünfzig Menschen auch ein Glas Sprudel anbieten darf oder jeder sein eigenes Lunchpaket mitbringen muss. Ob man gemeinsam ausgelassen tanzen oder sich aus zwei Metern Entfernung verklemmt zuwinken wird.

Während ich Haare raufend Platzkärtchen hin und her verschiebe, weil Cousin Peter es nicht einen Abend lang neben Großtante Grete aushält, teilen andere bereits ihre Gäste in Zehner-Grüppchen, um die Feierlichkeiten im Schichtbetrieb abzuhalten. Bastle ich an der Tischdekoration, fragen sich manche, was sie mit dem ganzen Schmarren nun anstellen sollen. Wer braucht denn bitte 100 Packungen Taschentücher mit der Aufschrift „Für Freudentränen“, wenn alles den Bach runter geht?

Es ist bitter und unfair, wie Vieles im letzten Jahr. Ob auch wir bei der Terminsetzung zu hoch gepokert haben, wird sich zeigen. Bis dahin übe ich mich in einer von mir im letzten Jahr sehr ausgereizten Disziplin: Verdrängung. Der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross zufolge die erste von fünf Phasen der Trauerbewältigung. Zwar darf ich mich glücklich schätzen, keinen geliebten Menschen im letzten Jahr verloren zu haben. Das Gefühl, dass die Pandemie einiges genommen hat, bleibt jedoch. Akzeptanz wäre die letzte der fünf Phasen, dazwischen kommen Wut, Verhandeln, Depression. Wären diese Phasen ein Kuchenbuffet, mein Teller wäre nach der Manier „von allem ein bisschen“ beladen. Und Akzeptanz wäre die köstlich aussehende, aber grauenhaft schmeckende Schnitte, die man nur isst, weil Überlassen unhöflich ist. In diesem Sinne widme ich mich lieber weiter dem Verdrängungs-Gugelhupf. Am besten mit einer Portion Schlag.

Digital Dirndl V2 - © Illustration: Rainer Messerklinger

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Aufgewachsen im Weinviertel, dann übersiedelt nach Wien, ist Margit Körbel mittendrin im Konflikt von gemütlicher Landidylle und rauschendem Stadtleben, Traditionen und deren Bruch, Millennials und Babyboomern. Wöchentlich schreibt Sie von Ihren Erlebnissen. Hier kostenlos abonnieren.

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