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Die zweite deutsche Großmacht
DIE ENTSTEHUNG PREUSSENS. Von Francis L. Carsten. Kiepenheuer & Witsch, Köln- Berlin, 1968, Titel der Originalausgabe: „The origins of Prussia“, übertragen von Margarethe von Knoop. 826 Seiten. DM 38.—.
DIE ENTSTEHUNG PREUSSENS. Von Francis L. Carsten. Kiepenheuer & Witsch, Köln- Berlin, 1968, Titel der Originalausgabe: „The origins of Prussia“, übertragen von Margarethe von Knoop. 826 Seiten. DM 38.—.
Es war wohlgetan, bald nach dem zweiten Weltkrieg dem Publikum englischer Sprache dieses übersichtliche, mit reichen Belegen versehene Bild der Entwicklung zu geben, welche aus Brandenburg Preußen machte; es war wohlgetan, nun auch dem deutschen Publikum diese Arbeit zugänglich zu machen. Die Übersetzung ist gut, da sich der Autor die Mühe gab, sie zu kontrollieren; Kleinigkeiten blieben allenfalls zu verbessern. „Der Grundbesitz war nicht wie im Osten konsolidiert worden“ (S. 186) ist zum Beispiel ein sinnstörend beibehaltenes Wort des Originals.
Die These des Buchs ließe sich etwa so wiedergeben: Eigenart des preußischen Staats war der gegenüber dem Volk hoch bevorrechtete, vom Landesherrn dagegen autokratisch beherrschte Adel; dieser Zustand ist seit dem Ende des Mittelalters entstanden. Der Autor legt also den Nachdruck auf die „Zweite Leibeigenschaft“ — die späte Rechtsminderung der Bauern. Da er die späte Mehrung adeliger Vorrechte betont, belegt er auch, wie im Mittelalter Landgüter von Bürgern erworben wurden — dieser Vorgang muß natürlich eigens studiert werden.
Der besprochene Zeitraum erstreckt sich von der deutschen Landnahme bis zu der Regierung des Großen Kurfürsten. Von besonderem Wert sind da die ersten Kapitel. Die der Heimatforschung wohlbekannte, aber dem deutschen Durchschnittsleser wenig bewußte Tatsache, daß beträchtliche Elemente der slawischen Oberschicht im deutschen Adel aufgingen, wird gebührlich belegt. (Es ist nur zu erinnern, daß die Familie Borcke S. 29 kein „von“ hat, weil eben ihr Name ein slawischer Vorname ist — wohl Kurzform von Borislaw.) Für das 17. Jahrhundert wird der Erwerb der blühenden, mit Preußen so sehr kontrastierenden klevischen Lande nach seiner Wichtigkeit gewürdigt. (Bei der Schilderung der Amtstätigkeit Adams v. Schwarzenberg hätte erwähnt werden können — S. 149 —, daß seine Vertrauensstellung auf seiner Mitwirkung bei diesem Erwerb beruhte.) Es war ja einzig der Umstand, daß Brandenburgische Lande „von der Maas bis an die Memel“ verstreut waren, was nachmals den Aufstieg Preußens zur „zweiten deutschen Großmacht“ möglich machte. Die Anfänge dieses Aufstiegs aber sieht man zur Zeit des Kurfürsten.
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