Der Nächste und der Kardinal

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Als die Pharisäer Jesus fragten, was denn wohl das wichtigste Gebot sei, antwortete er ihnen, "Liebe deinen Gott" und "liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Sie wollten ihn wegen des Wortes "Nächster" bloßstellen und fragten ihn, wer ist denn der "Nächste". Und Jesus antwortete ihnen mit dem berühmten Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Ein Fremder, ein Mann ohne Rechte, ein Mann, der sozial geächtet ist, half dem Verletzten, der am Wegrand lag.

Dieser Ruf, einen dir fernen Menschen zu lieben, einen schwächeren, der dich nicht bezahlen kann, ist eine wirklich christliche Eigenheit, die Absichtslosigkeit des Guten. Christus sprach vom radikal Guten. Wenn dir jemand ins Gesicht schlägt, dann halte ihm auch die andere Wange hin. Diese Forderung ist nicht einfach, sie ist die radikalste in der Geschichte der Philosophie und der Ethik.

Ich habe lange gezögert, ob ein Ökonom einem Kardinal widersprechen soll. Ob er ihm vorwerfen darf, die Fundamente des Christentums falsch zu interpretieren. Doch was Kardinal Dominik Duka über Flüchtlinge und Fremde sagt (Duka sieht in Flüchtlingen eine Gefahr für Tschechien, vor der die Bürger geschützt werden müssen, Anm.), hat nichts mit Christentum zu tun.

Wer übrigens die Satansbibel von Anton Szandor La Vey kennt, weiß, dass auch Satanisten ihre Gebote haben: "Liebe jene, die dich lieben und hasse jene, die dich hassen. Lass jenen Güte angedeihen, die dir Gutes tun und tue jenen Böses, die dir Böses tun."

Wie auch immer Satanisten diese Idee handhaben mögen, christlich ist dieser Ansatz nicht. Der Christ soll seine Feinde lieben und jene, die es nicht verdienen. Ich frage mich also, was die Forderungen des Kardinals mit dem radikal Guten zu tun hat, das Jesus gepredigt hat?

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