Der geheime Roman des Monsieur Pick - © Foto: Filmladen

Literaturbetriebs-Allüren

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Rémi Bezançons Film „Der geheime Roman des Monsieur Pick“ ist eine höchst vergnügliche Fabel, welche facettenreich die Untiefen des Buchmarktes aufs Korn nimmt.

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Rémi Bezançons Film „Der geheime Roman des Monsieur Pick“ ist eine höchst vergnügliche Fabel, welche facettenreich die Untiefen des Buchmarktes aufs Korn nimmt.

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Rémi Bezançons kluger Film „Der geheime Roman des Monsieur Pick“ kommt zur richtigen Zeit. Auch wenn das Buch als Geschenk unterm Christbaum noch immer hochgeschätzt ist, steckt der Buchmarkt bekanntlich in der Krise: Die Reihen der Leser lichten sich, und die Branche versucht angestrengt, diese Entwicklung aufzuhalten. Welche Strategien sie dafür einsetzt, daraus spinnt Bezançon eine höchst vergnügliche Fabel. Sie will zugleich Analyse sein, verspottet nicht nur satirisch die Allüren und Eitelkeiten des Literaturbetriebs, sondern nimmt auch dessen Teilnehmer in den Blick. Sie bezieht Produzenten, Literaturvermittler wie Leser ein, durchleuchtet facettenreich deren Zusammenspiel im Hype um ein Buch, das im öffentlichen Diskurs verankern werden soll.

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Ob ein Buch ein Erfolg zu werden verspricht, das steuert vornehmlich die Kritik. Das denkt jedenfalls der von sich selbst eingenommene Starkritiker Jean-Michel Rouche, dessen Rolle von Fabrice Luchini kongenial ausgefüllt wird. Doch der wird eines Besseren belehrt. Immer auf der Jagd nach dem außergewöhnlichen, innovativen Text, hat die junge Verlegerin Daphné Despero in einer Bibliothek mit einem dort archivierten, abgelehnten Manuskript einen sensationellen Fund gemacht. „Die letzten Stunden einer großen Liebe“ heißt das mit einer altmodischen Schreibmaschine verfasste Typoskript des zwei Jahre zuvor verstorbenen ominösen Autors Henri Pick, von Beruf ein schnöder Pizzabäcker.

So leichtfüßig und durchdacht hat man lange nicht mehr miterlebt, welchen Einfluss Literatur haben, wie Fiktion ins eigene Leben eingreifen kann.

Die Verlegerin erkennt dessen Potenzial auf den ersten Blick, auch deshalb, weil es in einem Geschäft, in dem es längst um hohe Umsätze und den digitalen Wandel geht, einem romantischen Bild von der Schriftstellerei nachhängt. Henri Pick, das unentdeckte Genie, zeigt sich auf der Höhe klassischer Meisterschaft, geschult am Stil großer russischer Autoren. Tragischerweise wird ihm der Ruhm nun nur postum zuteil. Der Roman findet große Resonanz. Jeder will an Picks Urheberschaft glauben. Außer Starkritiker Rouche, der deshalb entlassen wird. Während bei ihm die Leidenschaft, sich Texten unbekannter Autoren anzunehmen, längst erloschen ist, erwacht in ihm jetzt doch nochmals der textkritische Spürhund. Es geht um seine Ehre. Sein Wunsch, den wahren Autor zu enthüllen, treibt die Geschichte voran, versorgt sie mit Spannung.

Er setzt sich auf die Spur des Romanciers, begleitet von dessen Tochter Joséphine, die als Lehrerin selbst Literatur vermittelt. Rasant entfaltet sich das Geschehen, besticht mit seinen witzigen, zugespitzten Disputen, bisweilen süffisant, so schnelllebig und eloquent wie das Geschäft mit dem Buch. Genährt wird es von der intellektuell prickelnden Atmosphäre zwischen dem ebenbürtigen Paar. Bereitwillig folgt man den beiden bei ihrer Recherche, die sie zu den verschiedensten Akteuren des literarischen Betriebs führt und Einblick in Themen rund um das Buch gewährt. So vollzieht man deren Vorgehen mit, das dem Akt des Lesens gleicht: man sucht nach Indizien, vergleicht, deutet, zieht seine Schlussfolgerungen. So leichtfüßig und durchdacht hat man lange nicht mehr miterlebt, welchen Einfluss Literatur haben, wie Fiktion ins eigene Leben eingreifen kann.

Der geheime Roman des Monsieur Pick - © Foto: Filmladen
© Foto: Filmladen
Film

Der geheime Roman des Monsieur Pick

(Le mystère Henri Pick)
F 2019
Regie: Rémi Bezançon
Mit Fabrice Luchini, Camille Cottin
Filmladen. 100 Min. Ab 25.12

Heidi Strobel

Die Autorin ist freie Filmkritikerin.

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