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Grazer Schloßbergspiele 1951

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Es bleibt das Verdienst des Grazer Bürgermeisters von 1937, Hans Schmid, den naturgeschriebenen Gedanken von Festspielen auf dem Schloßberg aus den Schlacken des Dilettantismus herausgehoben und markant und seriös verwirklicht zu haben. Aus Zürich holte er sich 1936 den Mann seines künstlerischen Vertrauens, den Intendanten Viktor P r u s c h a, der schon zu Augsburg sein Geschick füi erfolgreiche Freilichtaufführungen unter Beweis gestellt hatte. Mit „Fidelio“ ward die Bühne im Wortsinn eingeweiht — es wurde ein eindeutiger Erfolg. Im Eröffnungssommer folgten noch des Grazers Max Meli tiet6inniges Nachfolge-Christi-Spiel, „Salome“ und „Bajazzo“. Es war ein überaus erfolgreicher Auftakt — allein die Premiere blieb für ein volles Jahrzehnt auch das Finale. Im Sommer 1938 saß ein Großteil der Ehrengäste noch in „Schutzhaft“. Die geballten Energien der „Volkserhebung“ verpufften in sinnlosen Abenteuern, die Vereinigung mit dem gleichsprachigen Reiche, für den Festspiel-gedanken zweifellos eine große Chance, blieb unausgenützt. Ein Rattenschwanz von düsteren Mißverständnissen und Verhängnissen huschte über die Weltenbühne. Ein lichter Bogen aber wölbte sich sinnfällig providen-tiell von 1937 zu 1949; Hans Schmid, der inzwischen ungebeugt das Brot der Verbannung aß, ward wieder Stadtrat und Finanzreferent von Graz. Zur Verwirklichung seines Lieblingsplanes und -werkes brachte er einen Initiativantrag auf Fortsetzung der Schloß-berg6p,ele ein und durch.

Im Sommer 1951 war es so wedt. Wiederum unter Intendant Pru6cha sang die Heroine der Gattentreue, Fidelio, strahlend das Entree, die tragende Fermate des Höhepunktes aber betritt Turandot. Nicht bloß das Grauen des Mes6erschleifens und Köpfepfählens kam unter freiem Sternenhimmel überzeugend zur Vollwirkung, sondern auch und gerade die Kron6zene, das fremdartige Schillern der orientalischen Prinzessin, wie auch das drolligtragische Zwischenspiel des melancholisch intrigierenden Mandarinenterzetts, nicht zuletzt das best inelnandergespielte Ducken und Auftrumpfen des neugierig-grausam-mitleidigen Volkshaufens. Obwohl von Grazer Kräften bestritten, bestand die Oper vom Impuls des Genius loci getragen, nach dem Urteil verwöhnter Fe6tspielbesucher den Vergleich mit internationalen Freilichtaufführungen.

Eine Fehlbesetzung war leider, wie bei anderen Naturbühnen des Sommers 1951, zu verzeichnen: der wankelmütige Regisseur Wettergott. Der Regen zwang gerade das Schloßbergfestspiel, das Schauspiel „Andreas Baumkircher“ — 6ein tragischer Held saß selbst in den Kasematten, seine Dramatisierung ist seit 1937 ein Ldebling6wunsch Hans Schmids —, in das Opernhaus zu verweisen, wo seine milieudurchtränkte Aktualität nicht zur Geltung kommen konnte. Doch ist nicht aller Festepieltage Abend, Die Grazer Schloßbergfestung i6t nicht In einem Jahre erbaut worden. Hält die Begeisterungsfähigkeit des in- und ausländischen Publikums mit dem künstlerischen Gestaltungsdrang der Grazer Bühnen Schritt, so werden über kurz oder lang, wie der Kaiser auf seine Veste, Österreich und 6eine Freunde auf die Grazer Schloßbergspiele stolz sein können,

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