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Adieu, alte Ideale!
Milorad Todorovic, jugoslawischer Altkommunist, von Tito seinerzeit mit dem Beinamen „der Kleine“ belegt, ist heute einer von vielen im Laibacher Altersheim, wo er aus politischen Gründen von den anderen Heiminsassen gemieden wird. Todorovic gehört nämlich zu jenen Kommunisten, die die Loslösung Jugoslawiens 1948 von den real-sozialistischen Bruderstaaten nie als Befreiung empfanden.
Wie beurteilt er den heute zu Ende gehenden Besuch Michail Gorbatschows in Jugoslawien? Sieht er denn keine Veränderungen? „Sehr wohl, beide Seiten sagen sich, Ideologie beiseite, misch dich nicht in die Innenpolitik des Genossen, damit fahren wir am besten.“
In der Tat scheinen sich Moskau und Belgrad darauf geeinigt zu haben. Den Sowjets ist wohl kaum entgangen, daß ihre ehemaligen Widersacher in einer Sackgasse landeten. Die Talfahrt des jugoslawischen Modells weiß keiner mehr zu stoppen. 208 Prozent Inflation für Lebenshaltungskosten, 15- bis 30prozentige Arbeitslosigkeit und ein Lohnschwund von einst stolzen rund 5.000 Schilling auf jetzt etwa 2.000 monatlich sprechen für sich.
Gorbatschow kam nicht, um zu tadeln, sondern um einen Augenschein zu nehmen. Vor allem Slowenien hatte es ihm angetan, wo der Wohlstand drei- bis fünfmal höher ist als sonst im Vielvölkerstaat.
Moskau und Belgrad sehen vielleicht ein, daß man mit weniger Ideologie weiter und an die tatsächlichen Probleme näher herankommt. Eine Hoffnung, die auch Altkommunist Todorovic teilt, die seiner Meinung aber mit den alten Idealen nur mehr wenig zu tun habe.
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