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Besonderer Saft

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Nicht nur die Autos werden ständig teurer, auch die Nebenbelastungen des Autofahrers klettern. Bereits zum drittenmal innerhalb von zwei Jahren werden mit 1. Jänner des kommenden Jahres und der Einführung der Mehrwertsteuer die österreichischen Treibstoffpreise nach oben hin korrigiert werden.

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Nicht nur die Autos werden ständig teurer, auch die Nebenbelastungen des Autofahrers klettern. Bereits zum drittenmal innerhalb von zwei Jahren werden mit 1. Jänner des kommenden Jahres und der Einführung der Mehrwertsteuer die österreichischen Treibstoffpreise nach oben hin korrigiert werden.

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Am 1. Jänner 1971 war es nur der Dieselölpreis, der verändert werden mußte, weil die Mineralölsteuer angehoben wurde. Ein Jahr später, am 1. Jänner 1972, wurden nach zähen Verhandlungen Super- und Normalbenzin teurer — aber beide Preiserhöhungen dürften von der neuerlichen Preiserhöhung in den Schatten gestellt werden.

Finanzminister Androsch hat letzte Woche seinen Standpunkt — und damit auch offensichtlich den der Regierungspartei, präzisiert: Die Treibstoffpreise werden seiner Meinung nach ab 1. Jänner um etwa 25 bis 30 Groschen höher liegen als bisher. Das würde bedeuten, daß Normalbenzin 3,50 Schilling, Superbenzin aber schon 4,40 Schilling kosten würde.

Darüber hinausgehende Wünsche bezeichnete der Minister als unrealistisch — aber sind sie das wirklich? Müssen Österreichs Autofahrer, vorsichtig geworden durch die Preissteigerungen der letzten Monate, nicht mit noch ärgeren Erhöhungen rechnen? Wenn es nach der Industrie geht, muß man diese Frage bejahen. Denn die Industrie kann dem Re-chenexempel des Ministers nicht folgen. Bei den Firmen rechnet man anders: ein Liter Superbenzin zum Beispiel kostet jetzt 4,10 Schilling. 16 Prozent Mehrwertsteuer davon sind etwa 64 Groschen. Zieht man davon die Vorsteuer ab, so ergibt sich ein Aufschlag von rund 50 Groschen. Superbenzin müßte also dieser Rechnung nach 4,70 Schilling kosten. Ähnlich sieht die Situation bei Dieselöl aus, wo ein Aufschlag von 40 Groschen befürchtet werden muß. Auch Normalbenzin müßte um 45 Groschen verteuert werden.

Daß derartige Erhöhungssätze kaum durchführbar sein werden, weiß die Industrie ebenso wie der Finanzminister. In den Firmenleitungen hofft man daher, daß der Finanzminister im Zuge der Steuerreform auf einen Teil der Mineralölsteuer verzichtet. Würde nämlich die Mineralölsteuer gesenkt, so würde auch die Basis für die Mehrwertsteuerberechnung absinken: Die Preiserhöhung könnte geringer sein. Es gibt aber noch zwei andere Möglichkeiten, die Belastung der Konsumenten zu vermindern: Der Minister könnte nur den reinen Treibstoffpreis, ohne die Mineralölsteuer, mit der Mehrwertsteuer belasten; oder er könnte auch den Mehrwertsteuersatz auf Treibstoffe halbieren. Denn ein nur achtprozen-tiger Zuschlag würde sich auf die Preisgestaltung sicher geringer auswirken als eben 16 Prozent.

Die Mineralölfirmen versichern, daß sie das Problem eigentlich nichts anginge: denn trotz einer Rohölpreiserhöhung ab 1. Jänner des kommenden Jahres und den Preissteigerungen aus der Mehrwertsteuer am Dienstleistungs- und Transportsektor habe man nicht die Absicht, einen Preisantrag einzubringen, der über die Mehrwertsteuerbelastung hinausgehen werde. Und diese Belastung dürfe ja an die Konsumenten weitergegeben werden. Die Fronten sind also klar: Der Minister gesteht den Firmen eine Erhöhung um etwa 30 Groschen zu, die Gesellschaften werden weit mehr verlangen. Wenn es hier nicht zu einer der angedeuteten Lösungsmöglichkeiten kommt, dann wird der Autofahrer neuerlich empfindlich zur Kasse gebeten werden.

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