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Die „Krokodilstränen" des Finanzministers

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Eine gute Nachricht: Die Regierung scheint aus den Prügeln, die sie für die total verhaute Erstellung des Budgets 1992 erhielt, die Lehren gezogen zu haben und jetzt schon mit der - ungleich schwierigeren - Arbeit am Budget 1993 zu beginnen.

Die schlechte Nachricht: Auch das wird uns teuer zu stehen kommen! Denn alles, was im neuen Jahr bisher aus Regierungsmunde zu uns drang, läuft auf eine höhere Steuerbelastung hinaus. Weil der Verkauf derselben mittels Öko-Argumenten seit der NoVAG (= Zulassungsabgabe) etwas in Mißkredit geraten ist, müssen neue Argumente her: „Kostenwahrheit" und „Gerechtigkeit" heißt ab sofort die Devise - und was „wahr" und „gerecht" ist, bestimmt natürlich die Regierung. Da könnt' ja sonst jeder Gerichtshof kommen!

Apropos Gerichtshof. Ungeachtet der lautstarken Klagen wird man das Gefühl nicht los, daß dem Finanzminister das Urteil des Verfassungsgerichts-

hofes zur Familienbesteuerung so unangenehm nicht ist. Bietet es doch offensichtlich eine hervorragende Gelegenheit, endlich wieder einmal die Steuerbegünstigung für Weihnachts- und Urlaubsgeld in Frage zu stellen („es darf keine Tabus geben").

Gleichzeitig kann man, unter dem gleichen Aufhänger und vermeintlich ohne Gesichtsverlust, die versprochene Lohnsteuerentlastung „verringern" (Lacina) oder zumindest hinausschieben.-

Jede verspätete oder Nicht-Anpassung des Lohn- und Einkommensteuertarifs ist aber eine kräftige Steuererhöhung, wie die weit über den Einkommenszuwächsen liegenden Mehreinnahmen aus der Lohnsteuer beweisen: Durch die Geldentwertung rutschen Gehaltsklassen in Progressionsstufen, die nicht für sie bestimmt waren und die nicht ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen.

Und daß sich die Regierung die unpopuläre, mit vielen ungelösten Problemen befrachtete Mautdiskussion antut, anstatt, wenn schon

zusätzliches Geld für Erhaltung und Bau von Straßen aufgetrieben werden muß, nochmals die Mineralölsteuer zu erhöhen, kann nur einen Grund haben: Die Mineralölsteuer wird (auch wenn's dann vielleicht C02-Abgabe heißt) sowieso zum Zwecke der Budgetsanierung kräftig erhöht werden.

Den notwendigen Spielraum dafür schaffen sich die Finanzminister der Schweiz, Österreichs und Deutschlands in seltener Einmütigkeit: Eben er*st hat der Schweizer Kollege von Ferdinand Lacina eine Erhöhung der Schweizer Benzinsteuer um rund zwei Schilling angekündigt.

Das ordnungspolitische Getue soll nicht über den wahren Grund hinwegtäuschen: Sowenig die Tabaksteuererhöhungen das Rauchen einschränken sollen, soll eine höhere Mineralölsteuer das Fahren einschränken. Beides sind nur einfach verläßliche Steuer- " schrauben, bei denen stets Geld herauskommt, wenn man daran dreht.

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