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Sanierung wird unausbleiblich

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Bereits wenige Wochen nach der Wahl kommt die bisher sorgfältig zurückgestaute Preislawine ins Rutschen. Den Anfang machte die Postverwaltung, welche ihre Tarife im kommenden Jahr gleich um 50 Prozent erhöhen will. Es folgen die Mineralölfirmen, welche — ganz gleich, ob privat oder verstaatlicht — als Einstandsgesohenk zunächst einmal die Rabattaktion für Ofenheizöl abrupt beendeten und neue Preisforderungen in Aussicht stellten. Des weiteren rufen die Versicherungsgesellschaften nach Tariferhöhungen; speziell; .-Jjat den- Kraftfahrzeug ver^ Sicherungen. Die Bundesbahn gerät immer tiefer in die roten Zahlen, und Tariferhöhungen werden unvermeidlich sein, da der defizitgepeinigte Finanzminister sich auf keine weiteren Staatszusohüsse einlassen kann. Auch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Die Wiener Stadtwerke müßten — wenn sie eine Privatfirm“ und keine vom Steuerzahler aufgepäpelte Institution wären — bereits in Konkurs gehen. Auch sie werden der Öffentlichkeit neue Tariferhöhungen präsentieren — wobei sie bereits vorsorglich verlauten lassen, daß auch höhere Tarife die katastrophale Finanzsituation vor allem der Verkehrsbetriebe nicht wirklich oder gar dauerhaft in Ordnung bringen können.

Neben diesen auffälligen Tariferhöhungen gibt es noch zahlreiche weitere, welche gewissermaßen unter Ausschluß der Öffentlichkeit vorgenommen werden. So wurde beispielsweise kaum etwas von der neuerlichen Erhöhung der Wiener Müllabfuhrgebühren bekannt, welche dieser Tage mitgeteilt wurde, dem breiten Publikum aber nur indirekt

— in Form höherer Betriebskosten im Rahmen der Wohnungsmiete — und mit gewisser Verspätung bekannt wird. Wenn heute der Mietenindex einer der am raschesten steigenden Indices ist — und dies, obwohl nach wie vor die Hauptmietzinse für die meisten Althauswohnungen gestoppt sind —, so ist dies nicht zuletzt auf den permanenten Anstieg öffentlicher Tarife, Gebühren usw. zurückzuführen.

Wir dürfen uns keiner Täuschung darüber hingeben, daß dies alles erst der Anfang ist. Abgesehen davon, daß auch viele weitere Stellen einen Nachholbedarf anmelden werden, haben die genannten Preissteigerungen in so fundamentalen Bereichen der Volkswirtschaft zweifellos Folgewirkungen auf zahlreiche andere Preise. Dazu kommt noch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent mit 1. Jänner 1976, die angesichts' der heutigen Kostensituation auch bei schlechtem Geschäftsgang ohne Zweifel in den meisten Fällen auf die Preise überwälzt werden dürfte.

Trotz gegenwärtig vorwiegend sinkender Weltmarktpreise dürfen wir Österreicher uns daher wenig Hoffnung auf eine Reduktion der Inflationsrate — diese ist nunmehr wirklich überwiegend ein inländisches Produkt — machen, ja wir können sogar von Glück .reden, wenn sie nicht — wenigstens fü,r ginjge, Zeit

— noch . oiete.-.uBteigt. Und. das. bereits ohwe-kohjuflkturellß Anfcurbe-iungsmaßnahmen! kommen solche auch noch dazu, so sind sie — ob sie nun Erfolg haben oder nicht — unvermeidlicherweise der Grund für weitere Inflationsprozente.

Uns wird jetzt die Quittung für fünf Jahre maßloser öffentlicher Verschwendung überreicht, und es wird uns nichts übrig bleiben, als sie zu bezahlen.

Es sei jetzt nicht die Schuldfrage gestellt, sondern nur die Regierung dringend gebeten, endlich die Konsequenzen aus der Situation zu ziehen, nicht länger die tatsächliche Situation zu kaschieren und Österreich in eine immer höhere Verschuldung und Inflation hineinzureiten.

Vermeiden lassen sich Sanierungsmaisnahmen aut die Dauer nicht. Je länger wir zuwarten, desto unangenehmer müssen diese ausfallen. Der Anfang einer neuen Legislaturperiode wäre die beste Gelegenheit, zwangsläufig unpopuläre Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.

Dabei sollte auf keinen Fall der bequemste, aber schlechteste Weg beschritten werden, nämlich derjenige, die exzessive — und die gesamte Bevölkerung direkt oder indirekt treffende — Steuerlast weiter hinaufzuschrauben. Vielmehr sollte sich der Staat endlich um wirkliche Einsparungen bemühen. Diese müssen kommen, sie lassen sich einfach nicht vermeiden, und je früher wir damit beginnen, desto besser.

Die Quittung für eine inflationistische Wirtschaftspolitik liegt vor, und wir werden sie bezahlen müssen. Wir dürfen aber nicht in den Irrtum von Bankrotteuren verfallen und alte Schulden mit neuen, immer noch größeren begleichen wollen, sondern wir müssen uns bemühen, Staatshaushalt und Währung endlich wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen. Sie sind die indispensable Voraussetzung für eine effektive Konjunktur- und später wieder aktive Sozialpolitik.

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