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Empfehlung und Bindung

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Es ist Geschmacksache, ob »A man, wie die ÖVP, den Weg J_J nach Europa bei der bevorstehenden Volksabstimmung ohne besondere Empfehlung freigibt, oder ob man, wie die SPÖ, den Weg der ausdrücklichen Empfehlung, mit Ja zu stimmen, beschreitet. Die Vorgangsweise der ÖVP entspricht eher der einer pluralistischen und föderalistischen, die der SPÖ mehr der einer zentralistischen und meinungsführenden Partei. Im Ergebnis macht es nicht viel Unterschied aus. Denn die Wähler sind heutzutage so mündig, daß sie sich nicht an Empfehlungen von Parteien halten.

Bedenklicher ist es, wenn der FPÖ-Obmann zwar keine Empfehlung an die Wähler ausspricht, aber die Mandatare seiner Partei bindet, im Parlament gegen das Vertragswerk und seine juristischen Rahmengesetze zu stimmen, denn auf diese Art wird in das freie Mandat eingegriffen. Allerdings muß man zugeben, daß das verfassungsrechtlich garantierte freie Mandat in der Praxis gar nicht so frei ist, daß die Mandatare, denen eine WiedAwahl lieb ist, sich hüten werden, wider den Stachel der Fraktionsdisziplin zu locken und daß es noch einige Zeit dauern wird, bis sich nicht nur die Wähler, sondern auch die Mandatare emanzipieren und auf ihre Freiheit besinnen werden. ,

Jedenfalls ist eine Tendenz zur Lockerung alter Bindungen unverkennbar, und so sehr die Tendenz zum Wechsel im privaten Bereich abzulehnen und durch das Ideal der festen Bindung zu überwinden ist, so begrüßenswert ist die Tendenz zur Entscheidung von Fall zu Fall im politischen Bereich. Je weniger Loyalitäten die Wähler hemmen, desto schwerer haben es die politisch Verantwortlichen, sich allzu sicher zu fühlen und Leistung durch Appell an die Tradition zu ersetzen.

Der Wechselwähler mag früher der uninformierte gewesen sein, heutzutage sind sie gerade unter den gut Informierten zu finden, die sich nicht scheuen, eine Partei an Programm, Praxis und Personen zu messen und ihr nicht einen Blankoscheck ausstellen. Empfehlungen und Bindungen verlieren an Bedeutung und das ist gut so, denn es sorgt dafür, daß die Bäume der Macht nicht in den Himmel wachsen.

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