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Licht im Stall

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Die jährliche Weihnachtskrippenausstellung des Salzburger Museums Carolino Augusteum steht heuer zum zweiten Mal unter dem Motto „Material“. Nach der Präsentation von Papierkrippen sind im heurigen Jahr hundert Keramikkrippen zu sehen. Die Ausstellungsstücke stammen aus verschiedenen Ländern, der zeitliche Rahmen reicht vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Leihgaben aus österreichischen Museen und vieler Laien erbrachten eine Formenvielfalt von beispielhafter Qualität.

Besonders bemerkenswert sind dabei neapolitanische Terrakotten des 18. und einheimische Salzburger „Loammandeln“ des 19. Jahrhunderts, Biskuitporzellan derselben Zeit sowie eine Jugendstil-Porzellankrippe, die ihre Herkunft von den Chinoiserien nicht zu leugnen vermag. Reizvoll und technisch hervorragend sind die vielen Krippen der Salzburger Keramikerin Luise Spannring (Mitte 20. Jahrhundert). Unter den modernen Krippen besticht die Kugelkrippe von Elfi Ruprecht aus Linz.

Weihnachtskrippen sind heute ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil unseres Weihnachtsfestes. Sie veranschaulichen die Geburt Christi, erfreuen die Sinne mit ihren vielfältigen Arten der Gestaltung, appellieren an unsere Gefühle und rufen Erinnerungen an unsere Kindheit wach. Die Geschichte der Weihnachtskrippe, vor allem der Haus- und Fami lienkrippe, ist allerdings keine allzu lange.

Mit der offiziellen Festsetzung des Termins für das Weihnachtsfest durch die römische Kirche im 4. Jahrhundert wurde die Geburtskirche in Bethlehem mit der Krippenkapelle errichtet. Gleichzeitig finden wir in der Kunst Darstellungen der Geburt Christi auf frühchristlichen Sarkophagen. Hier tauchen auch erstmals Ochs und Esel bei der Krippe auf, die in der Weihnachtsgeschichte (Luk. 2.7) nicht enthalten sind. Erst der Kirchenlehrer Origines bezog im 2. Jahrhundert den Satz des Propheten Habakuk „Ein Ochs kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe des Herrn“ auf die Geburt Christi. Im Mittelalter wurden bereits Krippen in den Kirchen errichtet, um so das Geschehen für die Gläubigen zu veranschaulichen.

Bedeutungsvoll für die Entstehung der Krippenszenerien ist die Mystik des Hl. Franz von Assisi, der 1223 das Weihnachtsfest in freier Natur, im Walde feierte. Die Einbeziehung aller Kreatur in die Verherrlichung Gottes brachte weitere Ausgestaltungen mit Ochs und Esel und allen Tieren des Waldes.

Eine nächste Station der Krippenentwicklung ist in den dominikanischen Frauenklöstern des 14. Jahrhunderts zu sehen, wo an die Stelle der Krippe eine Wiege trat. Die Verinnerlichung des Geschehens, die Zuwendung zur menschlichen Seite, stellte nun die Menschwerdimg Christi, seme kindliche Lieblichkeit und die Beziehung zwischen dem Kinde und der Mutter Maria in den Mittelpunkt der Betrachtung. Zu den

Andachtsüburigen der Weihnachtszeit gehörte das „Kindelwiegen“, das in vielen Volksliedern und im Volksbrauch des österreichischen Westens bis heute nachklingt. In dieser Tradition stehen auch die „Fatschenkin-deln“; kostbare Klosterarbeiten aus Wachs, Goldspitzen und Textilien.

Die frühbarocke Lebensfreude, das neue Selbstverständnis des Menschen ließen erstmalig Krippen in landestypischer Szenerie, erweitert durch Alltagsszenen, entstehen. Die Betrachtung dieser barocken Kirchenkrippen forderte die Gläubigen zur persönlichen Anteilnahme auf. Das Singen von Krippenliedem und Gabenspenden für das Kind in der Krippe gehörten ebenso dazu wie die volksnahen Krippenspiele. Die frühest nachweisbaren Krippen dieser Art finden wir in Österreich in der Jesuitenkirche in Innsbruck (1608) und in der Stiftskirche der Benediktinerinnen am Salzburger Nonnberg (1615).

Das 18. Jahrhundert ist die Blütezeit der volkskünstlerischen

Krippenherstellung, vor allem mit den Familienkrippen und Krippenbergen und einer regen, bunten und volksfrommen Krippenverehrung. Diese lebenslustige und freudige Anteilnahme am Weihnachtsgeschehen, auch der Aufwand für Krippen und Krippenspiele, widersprach den Ansichten des Reformators Joseph II. Er verbot 1782 die Krippenaufstellung in den Kirchen. Wie so viele Einschränkungen im Bereich des religiösen Volksbrauches, rief auch diese Maßnahme große Proteste hervor. Das Verbot wurde daher auch 1803 aufgehoben.

Das 19. Jahrhundert brachte mit seiner für jedermann erschwinglichen Druckgraphik eine Fülle von Papier- und Bilderbogenkrippen auf. In unserem Jahrhundert finden wir erfreulicherweise neben der Reproduktion bekannter Krippentypen wieder Werke der zeitgenössischen Kunst, die das Weiterleben der Krippe, auch als Kunstwerk, sichern.

Die Ausstellung bleibt bis zum 4. Februar 1989 geöffnet. Montag bis Sonntag 9-17 Uhr. Dienstag 9-20 Uhr.

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