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Verblichene Dogmen
Die SPÖ und ihre Exponenten sind in immer mehr Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens gezwungen, von liebgewordenen Vorstellungen und dogmatischen Selbstverständlichkeiten abzurücken und eine Kurskorrektur vorzunehmen. Bei der verstaatlichten Industrie hat sich herausgestellt, daß die staatliche Führung von Betrieben nicht der historische Durchbruch ist, auf den man dereinst so stolz war. Jüngst hat ein Hochschulexperte der SPÖ die ebenfalls bisher für unumstößlich gehaltene Vorstellung, daß das Hochschulstudium kostenlos sein muß, als obsolet verabschiedet. Auch von der alten sozialistischen Formel, daß die Wohnung keine Ware sein darf, hat man schon längst Abschied genommen. Neuerdings wird auch über die Durchforstung bisher für sakrosankt gehaltener Sozialleistungen laut nachgedacht; daß es gerade die Schülerfreifahrten und die Schulbuchaktion sind, die ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, demonstriert überdies, daß auch einst hochgepriesene Errungenschaften der Ära Kreisky problematisiert und auf ihre Sinn- beziehungsweise Rechenhaftigkeit hin überprüft werden.
Die Aufzählung verbleichender Dogmen ist damit keineswegs erschöpft und es wird wohl auch noch weiteren überkommenen Vorstellungen unter dem Druck der Sparnotwendigkeiten an den Kragen gehen. Nach allen Regeln der politischen Logik und Gerechtigkeit müßte eine solche Summe von Fehlern und Fehleinschätzungen der Partei oder den Parteien zugutekommen, die diese nicht mitgetragen, ja vor ihnen gewarnt haben.
Nicht so in Österreich, wo die SPÖ nicht zuletzt dank ihres Vorsitzenden und Bundeskanzlers in die Lage versetzt wird, zögernde Kurskorrekturen vorzunehmen, ohne daß dies der Partei in der Wählergunst wesentlich schadet und ohne daß es den nichtsozialistischen Parteien wesentlich nützt.
Allerdings erhebt sich die Frage, was nach all den Abstrichen von den ursprünglichen Inhalten übrigbleibt. Man darf gespannt sein, ob das neue Parteiprogramm der SPÖ darauf eine schlüssige Antwort geben oder die geschilderte Sachlage nur geschickt verschleiern wird.
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