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Von Gallus bis Krenek

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Wiener Sängerknaben und Chorus Viennensis unter Leitung von Hans Gillesberger waren die Ausführenden eines der österreichischesten Konzerte der Wiener Festwochen, was nicht nur Begrüßung und Applaus bewiesen, sondern menr noch das familiäre Gemeinschaftsgefühl zwischen Podium und Parterre. Musikantische Verve, fast soldatische Disziplin und gesunde Natürlichkeit mögen selten in solchem Maß zusammenwirken und noch vor dem ersten Ton den Funken überspringen lassen. Nach einigen Motetten alter Meister erreichte das anspruchsvolle Programm seinen ersten Höhepunkt in der meisterlich ausgewogenen Wiedergabe der „Missa ad imitationem Pater Noster“ für achtstimmigen gemischten Doppelchor von Jacobus Gallus, in moderner Neuausgabe von Hans Gillesberger. Harmonisch kaum die Kadenz, melodisch kaum den Tetra-chord überschreitend, entsteht dennoch eine kaleidoskopartige Farbenund Ausdrucksskala, die vom glücklichen Reichtum dieser Musik einen fast beneidenswerten Eindruck vermittelt. Und nach diesem Altösterreicher Gallus die „Fünf Gebete über das Pater Noster als Cantus firmus“ von Ernst Krenek. Die Komposition ist 1944 entstanden, stammt also aus seiner dodekaphonischen Schaffensperiode. Als würde dieser Umstand den jungen Sängern keinerlei Probleme bedeuten, sangen sie die schwierige, intervallisch und harmonisch weitgespannte Komposition mit derselben Ruhe und Sicherheit wie den alten Meister. Anton Bruckners „Fünf Motetten“ bildeten den Schluß des Programms, und an ihnen, den bekannten und oft gehörten kleinen Meisterwerken, konnte man am deutlichsten die zielsichere Erziehungsarbeit Giüesbergrers nachzeichnen, der alles Exzessive in Tempo und Dynamik vermied und dadurch die Schönheit der Musik überzeugender vermittelte als durch jede Überbetonung.

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