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Moderne Chorwerke

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Moderne Chormusik bot der Wiener Kammerchor unter Leitung von Hans Gillesberger einem zwar nicht sehr zahlreichen, aber um so aufgeschlosseneren Publikum. Von den „Lamentatlo Jeremiae Prophetae“ von Ernst Krenek hörten wir eine vom Komponisten autorisierte Kurzfassung. Selbst in dieser wird die Größe der Anlage und die formale und inhaltliche Kraft des Werkes fühlbar. Die Komposition basiert auf einer aus der gregorianischen Melodie entwickelten Zwölftonreihe. Die Ausführung war trotz der gewaltigen Schwierigkeiten bei der Intonation und harter Klangreibungen von großer Sauberkeit und außerdem spannungsgeladen. Sie zählt wie die nachfolgende „Kleine Messe über Zwölftonmodelle“ für gemischten Chor a cappella von Anton Heiller zu den Glanzleistungen des Kammerchors. Heillers

Messe geht zwar, ihrem Titel entsprechend, von Zwölftonmodellen aus, führt aber nicht die Reihentechnik durch, sondern entwickelt aus den Grundformen weitere Themen. Die Bezeichnung „Kleine Messe“ bedeutet wohl Kürze (Missa brevis), aber auch Substanzdichte, die man nicht anders als liturgisch nennen kann. — Der Interpretation von Joh. Nep. Davids Orgelpartita „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“ durch Josef Nebois war durch Versagen der Orgel kein guter Ab-gesang beschieden. Davids „Sechs Evangelienmotetten“ für A-capella-Chor dagegen kamen zu voller Wirkung in ihrer rhapsodischen, den

Wortsinn nachzeichnenden musikalischen Bildern.

Etwas für jeden brachte das Programm eines Konzerts der „Wiener Sängerknaben“ im Theater an der Wien. Motetten von Gallus, Senfl, Scarlatti und Heiller, Chorlieder von Mozart und Schubert, dazwischen ein Soloduett und die kleine Oper „Die Opernprobe“ von Lortzing. Gesänge von Brahms leiteten über zu (alpenländischen) Volksliedern und diese zu den „Sphärenklängen“ von Josef Strauß. Die Vielseitigkeit des Könnens der Knaben konnte sich in einem so gewählten Programm überzeugend entfalten, wobei wir innerhalb des Programmschemas die Motetten als den künstlerisch wertvollsten, das Opernspiel als den persönlichsten Teil der Sängerknaben bezeichnen, die (wie immer etwas gewaltsam textierten und auch gesanglich nicht ergiebigen) Walzer von Strauß dagegen als den volkstümlichsten. Der Dirigent Anton Neyder führte die kleine Schar mit viel Haltung, Wissen und Liebe. Franz Krieg

In einem Brief an seinen Biographen vermerkte Egon Wellesz resigniert, daß nur der Rundfunk von seinem Geburtstag (vgl. „Die Furche“ Nr. 43/1965) Notiz nehme. Im jüngsten öffentlichen Rundfunkkonzert nun war die „Kantate für Sopransolo, Chor und Orchester über geistliche Texte“ zu hören, das den Komponisten von seiner tonalen Seite zeigt und deshalb das Auditorium möglicherweise ein wenig überraschte: die kunstvolle Polyphonie war stets zu verfolgen, auch vom Hörer, dessen Ohr sich an Zwölftonsätzen sonst weniger geschult zeigt. Vor Wellesz waren Schumanns acht Frauenchöre in der Bearbeitung von Hans Pfitzner zu hören, die recht merkbare Züge des letzten Romantikers der deutschen Musik aufweisen, vor allem in der Orchestrierung.

Das Rundfunkorchester unter Karl Österreicher diente beiden Werken mit großer Sorgfalt, der von Gottfried Preinfalk einstudierte Rundfunkchor war wie immer vorzüglich. Ihren schwierigen Part meisterte die Sopranistin Lia Montoya.

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