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Die Kunst des Orselspiels

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Anton Heiller widmete das Pro gramm seines Orgelabends ausschließlich Werken von Max Reger anläßlich des 50. Todestages de: „bayrischen Riesen“. Auf der naci neuen Prinzipien erbauten Orgel in Mozart-Saal des Konzerthauses bedeutete schon die Programmwah. intensive Spannung, denn Regei schrieb für die romantische Orgel die orchestrale Klangwirkungen erstrebte. Aber schon das erste gespielte Werk, die Phantasie über der Choral „Alle Menschen müssen sterben“, op. 52 1, überzeugte von der grandiosen Fähigkeit Heillers, die in etwa gegensätzlichen Elemente zui Einheit zu binden. Geringere Farbeffekte, weniger irisierende Klänge wurden reichlich wetbgemacht durch unbedingte Klarheit der Stimmen und architektonische Deutlichkeit, und der ans Metaphysische reichende Ausdrucksgehalt mancher Stellen wurde unbedingter empfunden als je. Gewiß, es war ein anderer Reger, als wir ihn vor 20 Jahren hörten, aber das geistige Bild dieses genialen Komponisten kommt uns heute unmittelbarer vor Augen. Die Synthese von J. S. Bach und der Romantik bleibt wohl ewig ungelöst, aber wenn einer, so kam Reger der Lösung am nächsten. Dies wurde hier so deutlich wie nie. Zwischen die großen Orgelwerke der genannten Phantasie sowie der anderen Phantasie und Fuge d-Moll, op. 135 b, der Introduktion und Passacaglia f-Moll, aus op. 63, und der Phantasie und Fuge über den Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, op. 52 2, in denen Heiller seine souveräne Beherrschung des Instruments einmal mehr unter Beweis stellte, schob er kleinere lyrische Stücke wie das Intermezzo D-Dur, aus op. 80, das Capriccio g-Moll, aus op. 129, und die Pastorale F-Dur, aus op. 59, und enthüllte darin den „zarten“ Reger, den man weniger kennt, wohl zu Unrecht. Die Spannung der Hörer währte bis zum letzten Akkord und erzwang Zugaben.

Einen Orgelabend in der Hofburgkapelle gab Alois For er mit sorgfältig gewähltem Programm, das von Vincent Lübecks Präludium und Fuge E-Dur und einigen bravourösen Stücken von Allessandro Scarlatti steil aufwärts führte zu J. S. Bachs Phantasie und Fuge g-M jQ;;ünd .Max Intfoduk-

und mit Meditationen aus „La Nati- vitė“ von Olivier Messiaen in die Gegenwart ausklang. Die Wirkung beruhte weniger auf einer (nicht großen) Klangfarbenpalette als im stilistisch sicheren und geschickten Zugrift und der gleichsam in einem Atem durchgeführten Spielweise der

Stücke (was nichts mit Eile zu tut hat). Der historische, altehrwürdig Raum der Burgkapelle gab di Wärme dazu und verband Auge unc Ohr zu ernstem, zeitlosem Erlebnis

Oleg Yantschenko (Moskau) gegenwärtig Stipendiat der UNESCC in Wien, gab einen Orgelabend. Bezeichnet man diesen Abend als da Konzert eines begabten Schülers lassen sich genügend Positiva feststellen: technische Fertigkeit unč Gewandtheit, Mut zu einem interessanten Programm, musikantisch Unbekümmertheit des zügiger Drauflosmusizierens. Nur: hintei diesen lobenswerten Eigenschaften die allerhand versprechen können steht noch keine Persönlichkeit, keir subjektives Verhältnis zum Werl und seinem Schöpfer, anscheinend auch kein eigentliches zum Instrument. Die Registrierung mit ihren fast durchgehenden Mixturklang wirkte ermüdend und vergab manche Chancen. J. S. Bachs Präludium und Fuge, seine Trio-Sonat Es-dur und seine Toccata und Fug F-dur gelangen demnach in der Technik sauber und verläßlich, in Farben und Kontrast der Stimmen dagegen wenig profiliert. Gleiches gilt von Cėsar Francks Choral Nr. 3, a-moll, Olivier Missiaens „Dieu parmi nous“ und sogar von der effektvollen „Sonntagsmusik für Orgel“ von Petr Eben (geboren 1929). Sorgfältiger registriert war Yant- schenkos eigene Komposition „Inter- ludia“, ein kurzes Stück, das man nicht ohne Interesse hörte, aber nach diesem einmaligen Hören kaum kritisch beurteilen kann.

Von den Orgelkonzerten berühmter europäischer Interpreten in Innsbruck hatte ich Gelegenheit, eines zu hören. In der Pfarrkirche Igls spielte Hans Haselböck (Wien) österreichische Orgelmusik aus fünf Jahrhunderten: Paul Hofhaymer: Salve Regina; J. J. Fux; Suite III; Georg Muffat: Toccata XI aus dem „Apparatus musico-organisticus“; Johann Pachelbel: Aria Sebaldina; Joseph Haydn: Vier Flötenstücke; Franz Schmidt: Zwei Choralvor- spiele, und schloß mit einer freien Improvisation über den Hymnus „Veni creator". Auf der kleinen alten Orgel verstand der Interpret jeweils Farbe, Registerstärke und Anschlag den Stücken und Stilen so vollkommen anzupassen, daß eine ftuidale: Wirkung’von jedem einzelnen ausging; die stärkste von den Pachelbel-Variationen und von der eigenen Improvisation. Interesse und Beteiligung der (einheimischen und fremden) Zuhörer waren so groß, daß die Kirche die Menge nicht faßte.

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