6706700-1964_02_19.jpg
Digital In Arbeit

Oratorium, Symphonie, Phantasie

Werbung
Werbung
Werbung

Im Programm des Klavierabends von Jörg Demus, „Meisterwerke der Wiener Klassik“, stand Franz Schuberts Phantasie C-Dur, op. 15 (die „Wandererphantasie“), bewußt in der Mitte. Die Kunst Demus', sosehr sie die großen Linien Beethovens (Sonaten op. 2/2 und op. 53) und ihren heroischen Aufschwung, anderseits das höflich souveräne Musizieren Haydns („Un piecolo Divertimento“) und Mozarts gedankenschwere Leichtigkeit beherrscht (Phantasie (c-Moll, KV 475, Rondo a-Moll, KV 511, und „Eine kleine Gigue“, KV 574), ist bei Schubert am meisten gelöst, am stärksten Mitteilung. Diese (persönliche) Mitteilung kommt allerdings nicht aus einem billigen Subjektivismus, sondern ist die Frucht genauester Beachtung auch der kleinsten Notenwerte, Bögen und Tempi. Erst dieses korrekte Spiegelbild ermöglicht die Deutung der hinter den Noten stehenden Aussage und macht sie gültig. Eine der schönsten Wiedergaben dieses Werkes ist Demus zu danken und darüber hinaus ein bedeutender Abend.

Der für den erkrankten Josef Krips eingesprungene Efrem Kurtz leitete das 5. Konzert im Zyklus „Die große Symphonie“. Die „Uraufführung“ der Ouvertüre zur Oper „Der häusliche Krieg“ von Schubert dürfte dieser Oper kaum einen Weg bereiten zur Bühne, nicht einmal der Ouvertüre zu häufigen Konzertaufführungen. Es ist natürlich Schubert in all seiner Liebenswürdigkeit, aber ohne Überzeugungskraft. Das Konzert für Violine und Orchester, KV 216, von Mozart mit der besonderen Innigkeit seines zweiten Satzes schien uns im Solopart Wolfgang Schneiderhans bei aller Schönheit nicht das Letzte zu geben. Die „Eroica“ Beethovens dagegen war eine Glanzleistung des Dirigenten und des Orchesters in der. präzisen Gliederung aller Details bei voller Wahrung der großen Zusammen-hänee. Der Eindruck war fast bestürzend stark.

In einem öffentlichen Konzert des Österreichischen Rundfunks dirigierte Kurt WöB Rundfunkchor und Rundfunkorchester Radio Wien. Nach einer etwas konventionellen Wiedergabe der Haydn-Symphonie G-Dur, HV 1/88, folgten „Sechs Fragmente aus dem ersten Teil des Oratoriums ,Thyl Claes'“ von Wladimir Vogel. Das nach dem Roman „Ulen-Spiegel“ von Charles de Coster entstandene Werk ist in seinen musikalischen Teilen packend und von dramatischer Spannung (die allerdings vom Text ausgeht), wenn auch, schon durch den fragmentarischen Charakter bestimmt, nicht von jener Geschlossenheit des Eindrucks wie etwa das vor Jahren aufgeführte Oratorium „Wagadu“. Artur Honeggers „Totentanz“ — nach einem Text von Claudel —, eine Kantate für Sprecher, Soli, Chor, Orchester und Orgel, wirkt dagegen unmittelbar aus seiner musikalischen Substanz, die der Dichtung ihre metaphysische Wirkung verleiht. Vielleicht war die Wiedergabe etwas zu glatt für die beiden modernen Werke, um die sich neben Dirigenten und Orchester Mimi Coertse, Gertrud Burgsthaler, Kurt Equiluz, Otto Wiener und Helmut Janatsch sowie Alfred Kremala (Orgel) verdient machten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung