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Kostbare Musik in kleinen Sälen
Streicher haben es schwerer als die Bläser, wenn sie fallweise soli- stisch auftreten: Wer jahraus, jahrein im Chor spielt, löst sich nicht leicht vom gedeckten Orchesterklang. Sicherlich ist das auch ein Grund, warum das heuer bereits zehn Jahre alt gewordene „Wiener Streichquartett" im Brahms-Saal letztlich nur mit Schuberts Jugendquartett in Es-Dur restlos überzeugen konnte. Schostakowitsch (op. 110) und Beethoven (op. 59/1) deckten Mängel technischer Art auf, die den guten Gesamteindruck trübten.
Die „Wiener Bläsersolisten“ dagegen faszinierten durch schlanken, eleganten Klang und buchten außerdem noch den Vorteil für sich, mit Paul Taffanels g-Moll-Quintett eine sehr ansprechende „Novität“ für Wien zu bieten, die aus dem Pariser Fin de siėcle stammt.
Auf sich allein gestellt und somit autark war der langjährige Domkapellmeister der Westminsterabtei, George Malcolm, der im Schubert- Saal an spätbarocker Cembalomusik vor allem seine technische Versiertheit demonstrierte. Bei Bach (fünf Präludien und Fugen aus dem „Wohltemperierten Klavier“) arbeitete der britische Künstler besonders das konstruktive Element heraus, Handels Suite Nr. 3 erfuhr eine etwas persönlicher gehaltene Wiedergabe, aber Scarlattis „Sonaten“ schnurrten ab wie gut geölte Uhrwerke.
Ungeteilte Freude an barocker
Musik bereitete das Konzert des „Coneentus musicus" im Mozart- Saal. Nach einer Instrumentalsuite aus der Oper „Alcione“ von Marin Marais, der Hofgambist bei Ludwig XIV. war, bestätigte vor allem Handels Orgelkonzert op. 7/2 mit Herbert Tachezi als virtuosem Solisten den musikhistorischen Modellcharakter, der den Produktionen dieses Meisterensembles eignet. Rameaus Suite aus „Les Indes Galantes“ wurde zu einem Fest sorgfältig ausgefeilter Kammermusik und echten barocker! Orche- stermusizierens.
Herbert Müller
Justus Frantz, 30, Absolvent der berühmten Klavierkurse Wilhelm Kempffs in Positano, und mehrfach ausgezeichneter und preisgekrönter Pianist, spielte nach drei Jahren wieder in Wien. Konnte man damals, 1971, als er mit Christoph Eschenbach Schubert vierhändig spielte und gerade von Karajan für Konzerte mit den Berliner Philharmonikern entdeckt worden war, noch eine gewisse Heftigkeit des Spiels, abrupt ‘ ausgespielte Kontraste, feststellen, aber zugleich Geschmack in der Darstellung, so wirkte er nun im Mozart-Saal gereifter. Jetzt klingen seine Wiedergaben etwas kühler, er nimmt manche Rubatomomente zurück, er spart stellenweise geradezu an Emotion. Seine Wiedergabe von Mozarts a-Moll-Sonate (KV 310) bewies das: er trägt sie etwas prunkvoll, wie eine Reminiszenz an barocke Cembalomusik vor; aber die Distanz zwischen dem Werk und ihm selbst vermag er nicht ganz zu überwinden. Auch bei Schuberts a- Moll-Sonate (D 845) vermißten wir unter der schönen Oberfläche, hinter den plastisch modellierten Gesangsbögen Tiefe. Denn so manche vom Werk her melancholisch getönte Passage blieb da leer, weil er über Probleme der dynamischen Gestaltung und über die bei Schubert oft so entscheidenden Auseinandersetzung mit dem Detail einfach zu leger hinwegspielt.
Wolfgang Schneiderhan war der Star des Gastspiels des Kölner Kammerorchesters, im Musikverein. Als Mittelpunkt dieses Abends mit Werken des „Bückeburger“ Bach, Johann Christoph Friedrich, und der „Trauer“-Symphonie von Haydn spielte er Mozarts Violinkonzert KV 216 und das C-Dur-Rondo; Souverän, wie ein so erfahrener Künstler dieses Werk nun einmal vorträgt, mit gehöriger Portion Routine, nur das, was er dabei wohl empfindet, sein Persönlichstes also, verheimlichte er dem Zuhörer. Da imponierten eigentlich die jungen Kölner unter Leitung von Helmut Müller- Brühl viel stärker, um so mehr, als sie Bach und Haydn mit viel Elan vortrugen. Probleme gibt es für sie freilich noch genug: zum Beispiel in den ersten Geigen, die in den langsamen Sätzen einfach noch nicht über genug volles Klangvolumen verfügen. R. W.
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