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Händel, Bach, Flamenco

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Der Georg Friedrich Händel gewidmete Zyklus des Concentus Musicus im Mozart-Saal stellte erstmals eine Aufführung des B-Dur-Harfenkon' zerts (op. 4/6) auf einem nach einem Original von 1720 kopierten Instrument vor: Erna Gruber spielte den Solopart so weit wie möglich delikat und lebhaft. Ein schwieriges Unterfangen ohne sonderlich eindrucksvolles Ergebnis, zumal die Harfe lediglich für nicht allzu komplizierte Passagen und Harmonien verwendet werden kann. Die primitive Mechanik, die ständiges Umstimmen der Saiten mit einem Haken verlangt, gestattet nur sehr einfache Stimmführungen. Der Reiz liegt daher ganz im Klang, der sanft, hell, lieblich ist. Außerdem hörte man das D-Dur-Concerto-grosso (op. 3/6), eine Triosonate (F-Dur) und die „Wasser-musik“-Suite: Der Concentus musicus spielte in Hochform und sorgte für frisch-leuchtende Wiedergaben.

Einen Bach-Abend von hohem Niveau bescherte Michail Chomitzet, der 1935 in Charkow geborene Cellist, den wir bereits im Mai des Vorjahres in Brahms Doppelkonzert gehört haben. Gemeinsam mit Karl Richter, am Cembalo, spielte er im Brahms-Saal Cellosonaten (BWV 1027—1029) des Meisters. Er ist ein sehr zurückhaltender Interpret, der Bravour, Effekte, klangliches Auftrumpfen eher scheut. Der große Aufwand an Sentiment fehlt; Sachlichkeit, Ökonomie regieren. In den langsamen Sätzen spinnt er das kan-tatole Element mit Behutsamkeit und Noblesse aus. Die Allegrosätze gestaltet er realistischer, hartkonturi-ger. Besonders die dreisätzige g-Moll-Sonate überraschte durch perfekte Verschmelzung von kunstvollem Lineament und zierlichem Rankenwerk. Der weiche, geschmeidige Celloton verband sich eindrucksvoll den flimmernden Arabesken des Tasteninstruments. Technisch makellos;1 aber mit i viel thea- . tralischer Pose und Gestik geriet die Partita IV (D-Dur, BWV 828), deren kontrastreiche Tanznummern Richter virtuos kolorierte.

Der Abend des Geigers Nathan Mil-stein im Konzerthaus war das Ereignis der Woche: Man faßt es kaum, wie dieser Künstler einen Abend lang mit Bachs Partita Nr. 3 (BWV 1006) und den Sonaten Nr. 2 und 3 (BWV 1003 und 1005) zu fesseln, in Hochspannung zu halten vermag. Technische Probleme gibt es für ihn nicht, Schlichtheit waltet überall. Der Ton ist leidenschaftlich, sinnlich, steigert sich bei aller Strenge und Selbstzucht zu höchster Intensität. Und die formale Organisation: einfache, „goldene“ Proportionen, die mit konzentrierter, konstruktiver Detailarbeit gefüllt sind. Ein höchst anspruchsvolles Programm, das indes auch viel Eleganz entfaltete. Wie in der E-Dur-Partita. Und zwischendurch sogar rasante Virtuosität: An Paganinis Capricci entfesselte Mil-stein einen wahren geigerischen Seiltanz mit mehrfachem Salto mortale.

Pedro Soler rührte im Mozart-Saal Andalusiens berühmteste Tänze auf der Flamencogitarre vor: Der reine, leidenschaftliche, jedoch nie fiebrige Klang seines Instruments suggerierte die Atmosphäre spanischer Tanzfeste. Kunstvolles Gekräusel der Granadinas und die schlichten Fandangothemen, altertümlich vornehme Soleares und melancholisch breite Peteneras (hebräischen Ursprungs) trug er mit rhythmischer Akkuratesse vor und hüllte die Stücke in ein schillerndes Gewand kunstvoll verwobener Nuancen.

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