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Abschied vom Schneiderhan-Quartctt

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Durch ein vorbildlich ausgeglichene und edle Interpretation von Zoltan Kodälys 2. Streichquartett op. 10 zwischen Mozarts K. V. 590 und Beethovens op. 132 unterstrich das Schneiderhan-Quartett an •einem letzten Abend die Größe des Verlustes, der durch seine Auflösung auch dem zeitgenössischen Kammermusikschaffen erwächst, das, so untergeordnet es quantitativ an den Programmen beteiligt gewesen sein mochte, ebenso wie der traditionelle Musikschatz seinen besten heimischen Klangkörper verliert. Ein nicht geringerer Verlust erwächst dem Publikum, und die Gesellschaft der Musikfreunde mag ernste Sorgen haben, die durch den Ausfall des hervorragenden und beliebtesten Streichquartetts entstehende Lücke im Wiener Musikleben auszufüllen, denn hier ist eine Erbschaft anzutreten, die nicht nur aus Programmen besteht, sondern das Fluidium österreichischen Musizieren6 in höchster Form ausströmt. Dem Schneiderhan-Quartett aber sei für viele erlesene und bereichernde Stunden gedankt. Es war keine verlorene unter ihnen.

Als pianistische Begabung großen Stils präsentierte sich der Jugendliche Aldo C i c-c o 11 n i. Der romanische Zug zur Rundung verführt ihn wohl gelegentlich noch zu starkem Pedalgebrauch, der bei J. S. Bach (Partita D-dur) die Linien zuweilen verwischt. Seinem weichen Anschlag fallen sogar die Sforzati im Scherzo der Beethoven-Sonate F-dur, op. 10/2, zum Opfer. Bei figurierten Sätzen ist das Tempo noch unsicher, die Exposition zu hastig. Doch ist das klassische Ebenmaß in Spiel und Ausdruck von Cä6ar Francks „Präludium, Choral und Fuge“ ebenso einmalig als der kraftvolle Zugriff in Bartoks „Allegro barbaro“ und der hinreißende Schwung in Albenlz' „Iberia“, dem stärksten Erfolg des Abends.

Irmgard Seefried entfaltete In der Gestaltung eines Schubert-Lieder-Abends die volle Höhe ihrer gesanglichen Meisterschaft. Die ihrer großen blühenden Stimme eigene Gemütstönung, der leichte, halb spielerische und doch so reife Ausdruck noch in der unscheinbarsten Phrase, die perlende Sauberkeit auch der kleinsten Verzierung, hintergründige Tragik und verhaltener Humor waren hier bis aufs letzte erfüllt und zu Schubert-schem Erlebnis verdichtet. Die Auswahl der Lieder in gesanglicher, psychologischer und programmatischer Steigerung, an sich ein Meisterwerk, ermöglichte der Künstlerin, die bekanntesten und populärsten Gesänge (Hei-denröslein, Die Forelle, An die Musik) an den Schluß zu stellen, ohne die Intensität der Spannung zu lockern. Eric Werbas ebenso feinsinnige wie pianistisch hervorragende Begleitung kann als vorbildlich bezeichnet werden.

Nach bedeutenden Leistungen in Oper und Oratorium vermochte Hilde Zadekdie Erwartungen an ihrem Liedeiabend nicht ganz zu befriedigen. Wie bei allen großen dramatischen Stimmen ist die Gefahr der Gefühlsseligkeit just dort gegeben, wo der lyrische Ausdruck auf ihrer Vermeidung beruht. Diese Gefahr war hier durch die Wahl der Gesänge noch erhöht, und so laq denn eine Wolke von Sentiment besonders über einigen Liedern von Richard Strauß (Morgen, Allerseelen), die in den vorangehenden Gesängen von Mahler, Brahms und Schubert vermieden war. Im Sinne der Interpi etation wäre die rückläufige Abfolge des Programms wirkungsvoller gewesen, obgleich das große, vom Orchesterklang getragene Ausschwingen der Stimme (und damit ihre eigentliche Beseelung) im kleinen Liedbogen nicht immer erreicht wurde.

Franz Schmidts .Vier kleine Präludien und Fugen für Orgel“ spielte Alois Forei erstmals in geschlossener Folge, und er erwies damit ihre unverkennbare zyklische Zusammengehörigkeit. Themen, die später im „Buch mit sieben Siegeln“ ihre entscheidende Formung gewinnen, tauchen hier bereits auf, das „Hallelujah“ mit seiner Zigeuneragogik scheint hier sogar den ursprünglicheren und seinem Wesen entsprechenderen Platz einzunehmen. Mit Hindemiths 1. Sonate stand ein weiteres Standardwerk zeitgenössischen Orgelschaffens im Mittelpunkt des anspruchsvollen, von Großwerken J. S. Bachs und Regers umrahmten Programms, das durch altbekannte, von Hildegard F o r e r schön und großlinig vorgetragene Barockarien aufgelockert wurde.

Franz Krieg Dragica Martinis, der gefeierte Opernstar, erprobte in einem Liederabend sämtliche Ausdrucksregister: Oratorium und Oper, romantisches Lied und Folklore. Die letzte Gruppe war durch romanzenartige Lieder jugoslawischer und russischer Komponisten vertreten (Kunk, Bersa, Rachmaninow und Rubinstein), die in der Originalsprache gesungen wurden und zu deren Stil die Sängerin ein unmittelbares Verhältnis hat. Einige Schwierigkeiten bereitet ihr vorläufig noch der Stil des Schumann-Liedes, während die Kompositionen von Marx und die instrumental geführte melodische Linie von Giordani und Händel sehr wirkungsvoll Interpretiert wurden. Kaum von anderen Sängerinnen erreichbare Höhepunkte aber erklomm Dragica Mart.ini6 mit ihrer glänzend geschulten Stimme in den beiden Opernarien von Bellini und Puccini, die jeweils einen Teil des sehr instruktiven Programms abschlössen.

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