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Mozart-Familienfest

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Neben den Festspielen bereitet Salzburg seinem Genius Mozart alljährlich eine stillere, doch um so herzhaftere Huldigung: die Mozart- Woche der Internationalen Stiftung Mozarteum, mit der die Stadt den Geburtstag ihres Sohnes gewissermaßen im engeren Familienkreis begeht.

Die feierliche Eröffnung fand im Dom mit einer Aufführung der Missa brevis in G, KV. 194, unter Joseph Messner statt. Die Wahl dieses Jugendwerkes war insofern bedeutungsvoll, als Prof. Messner nun an zwei Kopien aus dem Salzburger Domarchiv nachgewiesen hat, daß das bisher umstrittene Werk tatsächlich eine Komposition des 14jährigen Mozart ist.

Das Wiener Philharmonische Streichquartett zeigte sich auch in der neuen Besetzung (Josef Sivo, Otto Strasser, Rudolf Streng, Robert Scheiwein) ganz der Tradition des Wiener Kammermusiksbils verbunden. Mit den Quartetten KV. 428 in Es- und KV. 464 in A-Dur, vor allem aber mit dem 1790 komponierten D-Dur-Quintett, KV. 593 (imitwir- kend Josef Staar) begeisterten die Künstler ihr Publikum.

Wie lebendig die Beziehung der Jugend zu Mozart 1st, erfuhr man im heurigen Festkonzert der Akademie Mozarteum. Das Studentenorchester vereinigte sich unter Gerhard Wimberger mit der Camerata academica, der Musiziergemeinschaft der Professoren, zu einer durchaus gelungenen Darbietung einiger graziöser Frühwerke und der „Linzer Sinfonie”. An dem Klavierkonzert in F-Dur, KV. 459, erprobte die Neumüller-Schülerin Sharon Hiller ihr Können und ihr Ausdrucksvermögen mit verblüffendem Erfolg. Hier kündigte sich eine vielversprechende Begabung an. Auch der schwedischen Sängerin Britt Bern, einer Schülerin Ena Thiessens, möchte man eine erfolgreiche Laufbahn Voraussagen. Die schwierige Konzertarie „Mio speranza adorata” wurde von ihr bravourös bewältigt.

Der Sonatenabend Svjatoslav Richters war wegen einer Unpäßlichkeit des Künstlers auf Freitag nachmittag verschoben worden. Das Spiel des berühmten russischen Pianisten darf als überzeugender Beweis für die Wandlung des Mozart-Bildes in unserer Zeit gelten. Schon in den Sonaten des 18 jährigen (F-Dur, KV. 280, und G-Dur, KV. 283) erschien in der Wiedergabe Richters hinter der spielerischen Rokokoattitüde, in der sich das 18. Jahrhundert über die Abgründe der Existenz hin weghob, das Ewigkeitsantlitz des Schicksals. Die c-MollrPhantasie, KV. 475, und die ein Jahr früher entstandene c-Moll-Sonate, KV. 457, wurden zur Frage um den Sinn des Lebens. Solche Tiefblicke in das Werk lassen alle technische Meisterschaft als sekundär erscheinen. Auch wenn sie, wie bei Richter, unübertrefflich ist.

Ein anderes Mozart-Bild entwarf Lorin Maazel in seiner Interpretation der Es-Dur-Symphonie, KV. 543, mit den Wiener Philharmonikern im Neuen Festspielhaus. Verglichen mit seiner furiosen Festspielaufführung von Figaros Hochzeit zeigt die Darbietung der Symphonie der jungen Dirigenten in größerer Mozart-Nähe. Es ist der Weltmann Mozart, erster Repräsentant einer aufs höchste verfeinerten Musikkultur, den uns der Weltmann Maazel, mit Temperament und wacher musikalischer Intelligenz, aber noch ohne Zugang in die tiefsten Bereiche vorstellt. In der IV. Symphonie Anton Bruckners triumphierten die Virtuosität des Dirigenten wie die des Orchesters über alle Bedenken, die dem ehrfürchtigen Bewunderer Bruckners während des Konzertes kommen mochten.

Das Anoien Regime in der Mozart- Pflege wurde aiuf das liebenswürigste im Abschlußkonzert durch die Wiener Philharmoniker mit Bernhard Paumgartner an der Spitze verkörpert. Die Symphonie (Ouvertüre) in Es, KV. 184, das kammermusikalisch noble Divertimento für Streicher in D-Dur, KV. 136, und die Haffner- Symphonie wurden in heiterster Laune musiziert und gerieten ganz nach dem Herzen des Salziburger Publikums. Der beju/belte Höhepunkt aber war das Klavierkonzert Es-Dur, KV. 271, von Svatoslav Richter königlich gespielt.

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