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Er feierte gerade im Wiener Musikverein sein eigenes kleines Mozart-Festival: Pinchas Zukerman, er junge israelische Geiger, der im Rekordtempo (und mit Hilfe der Plattenindustrie) eine Weltkarriere geschafft hat, profilierte sich parallel zu seiner Tätigkeit als Geiger aber auch als Taktstockartist Und besonders die Zusammenarbeit mit dem hervorragend trainierten English Chamber Orchestra - es spielt sonst vor allem unter Daniel Barenboim - hat in Zukermans Spiel unverkennbar Akzente hinterlassen. Das heißt, Zukerman kehrt immer stärker seinen Hang zum Kammermusikalischen hervor. Auch in seinen solistischen Auftritten.

Landläufige Programme mit lose eingestreuten geigerischen Seiltanzkunststücken interessieren ihn kaum - es muß schon ein musikalischer Anreiz dabei sein, an dem sich seine Phantasie entzündet. Anderseits liebt er aber doch auch das Kauzig-Skürrüe. Und so läßt er sich mitunter hinreißen - und spielt dann dem staunenden Publikum alle verrückten, mit viel Schmalz aufgemascherlten Wunderwerke der Salonmusik auf. Und da habe ich schon manchen Musenfreund, der in einem Solisten bloß den Priester holder Kunst sieht, verschreckt nach dem Nachbarn schielen gesehen, wie denn der bloß reagiert ...

Bei seinem Wien-Gastspiel präsentierte Zukerman mit dem Chamber Orchestra Mozart: „Haffher**-und „Linzer“-Symphonien, die galanten Violinkonzerte KV 211, 216 und 218 und anderes. Wer diese Konzerte nicht gehört hat, kann Zukermans Mozart-Bild auf Platten kennenlernen. Und wer die Konzerte erlebte, sollte seine Eindrücke erst recht durch diese Einspielungen komplettieren.

Ein aufmerksamer Beobachter fand etwa, daß Zukerman eigentlich Johann Strauß perfekt treffen müßte: in der lockeren Art, wie er unter seinen Musikern strahlende Laune verbreitet, wie er statt des Taktstocks den Geigenbogen schwingt und forsch drauflos fidelt. Und ein bißchen viel Ungestüm und Unbekümmertheit schwingt auch da mit, in diesen Aufnahmen von Märschen, Serenaden, Divertimenti oder im Concertone, in denen unter anderen Stars wie Isaac Stern und Leonard Rose mitwirken.

Was mich an Zukermans Auffassung der frühen Mozart-Werke tatsächlich etwas stört, ist die Koketterie, eine gewisse Süßlichkeit, in die er etwa Andante-Sätze taucht, und anderseits, daß er diese durch allzu draufgängerische Kontraste in den schnellen Sätzen aufzuheben versucht. Und obwohl natürlich die klare Rundung und glatte Oberfläche seiner Wiedergaben im Ganzen besticht, wirkt manches im Detail doch auch recht oberflächlich.

MOZART: Serenade Nr. 4 (D-Dur, KV 203); English Chamber Orchestra; Violinsolist und Dirigent: Pinchas Zukerman; Reihe „Grands Inter prėtes“; CBS 76 383.

MOZART: Märsche (D-Dur, KV 215 und 237); Serenade (D-Dur, KV 204); English Chamber Orchestra, Leitung: Pinchas Zukerman; CBS 76 489.

MOZART: Divertimento für Streichtrio (Es-Dur, KV 563); Pinchas Zukerman, Isaac Stern, Leonard Rose; Reihe: „Grands Inter-prėtes“; CBS 76 381.

MOZART: Concertone für zwei Violinen (C-Dur); Ignaz Pleyel: Sinfonie concertante für Violine, Viola und Orchester (B-Dur, op. 29); Isaac Stern, Violine, und Pinchas Zukerman, Violine und Viola; English Chamber Orchestra, Leitung: Daniel Barenboim, Reihe: „Grands In-terpretes“; CBS 76 310.

MOZART, Die fünf Concerti, 2 Rondos - Adagio für Violine und Orchester; Pinchas Zukerman, Violine; English Chamber Orchestra, Leitung: Daniel Barenboim; Reihe: „Grands Interpretes“; CBS 77 381.

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